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Life is too short for boring stories

Pünktlich fand ich mich an besagtem Sonntag, angetan mit meinem feierlichsten Kleid, am verabredeten Treffpunkt ein. Die Zeremonie sollte in der Nähe einer kleinen Kapelle, die mitten im städtischen Park stand, stattfinden. In der Kapelle war es nicht gestattet worden. Die Kirche schrie Zeter und Mordio gegen diese Unsitte. Aber wann tut sie das nicht. Und dann sah ich sie, Rebekka, meine beste Freundin. Sie strahlte mit ihrem spitzenbesetzten Hochzeitskleid in der lauen Septembersonne um die Wette. So glücklich hatte ich sie schon lange nicht mehr erlebt. Vielleicht war diese ganze Sache hier doch eine gute Idee?

Die Zeremonie verlief wie gewohnt, mit all den Floskeln, die jedes Kind schon auswendig weiß, und von denen jedes Mädchen träumt sie zumindest einmal in ihrem Leben zu hören. Die Leute gingen vorüber, blieben stehen. Es war, als würden sie etwas suchen, etwas, was in ihrer Vorstellung hingehörte, aber nicht da war. So wie es auch mir erging. Rebekka schien davon nichts mitzubekommen. Sie war einfach glücklich. So beschloss ich dies auch zu sein, soweit mir das möglich war. Lag es vielleicht am weißen Kleid, von dem jedes Mädchen träumt es zumindest einmal zu tragen?

„Also, alles begann damit, dass ich mich für dieses Programm einschrieb“, begann sie zu erzählen, als wir endlich in unserem Lieblingsrestaurant saßen und ich vorübergehend zum Schweigen verurteilt war, weil ich essen musste.

„Zehn Wochen dauerte das und begann damit, dass man sich mit sich selbst verlobte“, begann sie zu erzählen.

„Verloben?“, musste ich nun doch unterbrechen, trotz vollem Teller, „Wer hat da vor wem gekniet?“

„Jetzt sei nicht so abwertend. Willst Du es wissen oder nicht?“, gebot sie mir und meinem Zynismus Einhalt, „Als nächstes lernte ich mich selbst kennen. Das war eine total spannende Sache. Du musst Dir vorstellen, dass wir alle, so wie wir sind, immer darauf aus sind so zu sein, wie uns die anderen wollen, und niemals so, wie wir wirklich sind. Dadurch aber, dass wir darüber nicht nachdenken, lernen wir es auch nicht. So ist das wie eine Entdeckungsreise auf einen neuen Kontinent. Und am Ende dieser zweiten Woche wusste ich, dass ich wirklich der interessanteste Mensch auf dieser Erde bin, für mich. Dann konnte ich endlich einordnen was in meinem Leben schief geht, denn wir kämpfen immer, und meinen, es gehört so. Schieben es auf die Umstände und was weiß ich noch was alles, dabei liegt es einfach daran, dass wir uns selbst hassen und uns nicht annehmen wie wir es sollten. Und da ließ ich den Selbsthass hinter mir und begann mich zu lieben. Für immer und ewig. Auf Grund dessen handelte ich eine Vereinbarung mit mir aus, auf der unsere Beziehung fußen sollte. Dazu gehörte auch für mich zu sorgen. All diese Sachen eben, die man in jeder anderen Beziehung als selbstverständlich sieht, sich selbst aber niemals zugkommen lässt. So lud ich mich zum Essen ein, machte mir Geschenke und schrieb mir Liebesbriefe. Ja, sogar Gedichte habe ich verfasst. Ich habe mich so derartig selbst beflügelt, es ist unglaublich. Und jetzt gilt es das ins Leben zu tragen. Das nenne ich gelebten, echten, umfassenden Feminismus. Nirgends sonst kann eine Frau so klar zum Ausdruck bringen, dass sie zu sich selbst steht. Integrität nennt man das wohl. Ein Zimmer für mich mit mir alleine, und niemand, der es mir je wieder streitig macht.“

Ein triumphierendes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie mich ansah. Offenbar hatte sie ihre Ausführungen beendet, während ich mich immer weniger zurechtfand.

„Wenn ich Dich richtig verstehe, so willst Du das Selbstbewusstsein einer Singlefrau präsentieren, die aller Welt zeigen möchte, dass sie sehr wohl ohne Mann glücklich sein kann“, versuchte ich meine Gedanken zusammenzufassen, „Aber warum wählst Du dann eben jene Form, die das genaue Gegenteil vermittelt? Warum heiratest Du, wenn Du genau das nicht willst?“

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