Unabhängig von Hausbesitzern und ihren Ansprüchen, gemeinschaftlich zu leben und trotzdem für sich sein.

novels4u.com

Life is too short for boring stories

„Ich denke, wir werden das auch ohne Sie und die werte Gattin schaffen“, erklärte Prof. Lang ruhig, woraufhin die beiden pikiert die Wohnung verließen.
„Es wird natürlich niemand gezwungen mitzumachen“, meinte der Professor, nachdem die Türe hinter den Einzelkämpferinnen geschlossen worden war, „Deshalb wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zu gehen, wer dies möchte.“
Prüfend sah Lea von einer zur anderen, doch alle blieben auf ihren Plätzen. Es war, als hätte sich bereits ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt, allein aus der Aussicht, das eigene Leben ein bisschen mehr, selbst in die Hand zu nehmen.
„Gut, dann möchte ich Euch jetzt erklären, wie ich mir das Projekt vorstelle bzw. wir, denn wir haben im Vorfeld schon ein wenig recherchiert, ein passendes Objekt gefunden und eine mögliche Finanzierung auf die Beine gestellt, bei der wir alle besser aussteigen, als bisher, und vor allem, das Geld ist nicht weg, sondern fließt in eine Wertanlage. Niemand kann mehr die Miete erhöhen, keine uns vorschreiben, wie wir zu leben haben, zumindest keine Außenstehende.“  

Die nächsten Stunden wurden dafür genutzt, die Plan fertigzubringen. Es stellte sich heraus, dass sich unter den Hausbewohner*innen die verschiedensten Talente fanden, vom Tischler bis hin zum Elektriker, von einer Maklerin bis hin zu einer Steuerberaterin. Alle waren bereit sich einzubringen.  

Wenige Wochen später fuhr Martin Ehm, die kleine Mara auf der Schoß, mit dem Rollstuhl in das neue Gemeinschaftshaus. Er und seine Familie hatte eine ebenerdige Wohneinheit bezogen, von der aus er barrierefrei sowohl den Gemeinschaftsraum als auch die große Küche für alle, aber ebenso den Garten, der hinter dem Haus lag, erreichen konnte. Viel früher als gedacht, konnte Lea wieder arbeiten, da die Kinder nun miteinander spielten und die Betreuungspflichten aufgeteilt wurden. Ebenso wie füreinander gekocht wurde. Jede und jeder brachte sich ein, so gut er oder sie konnte. Doch wenn man genug von Gemeinschaft hatte, konnte man sich in seine Wohneinheit zurückziehen. Eine ausgewogene Mischung zwischen Allein- und Gemeinsam-sein fand sich. Probleme, die auftauchten, wurden bei Zusammenkünften derart gelöst, dass sich niemand zurückgesetzt fühlte.  

„Ich hätte mir nicht gedacht, dass das Leben nochmals zum Abenteuer werden kann“, meinte Martin eines Abends zu seiner Frau, als sie auf der Terrasse saßen und der Sternenhimmel über ihnen leuchtete.
„Es ist ein wunderbar, leichtes, neues Lebensgefühl“, gab ihm Lea recht, „Vor allem, dass wir uns keine finanziellen Sorgen mehr machen müssen. Ich meine, es hat schon was, diese Idee der Kleinfamilie, aber letztlich ist es unfair zu meinen, dass die alles immer alleine schaffen muss und es sonst niemanden etwas angeht.“
„Natürlich muss man bereit sein, andere in sein Leben zu lassen, bis zu einem gewissen Grad“, gab Martin zu bedenken.
„Ich sagte auch nicht, dass diese Konzept für jede passt, wie wir ja erlebt haben“, erklärte Lea, „Aber es ist schade, dass es dafür so gut wie kein Angebot gibt, weil uns so lange eingeredet wurde, dass man immer alles alleine schaffen muss. Das ist doch Unsinn. Wie viel leichter kann es sein, wenn man sich gegenseitig hilft und Probleme gemeinsam löst. Und das ganz ohne Einschränkung.“

Und während die ehemaligen Mieter*innen des Hausbesitzers Fritz Nagel ihr neues Leben genossen, vermochte er die Wohnungen nicht mehr zu vermieten. Das letzte Paar, das sich als dezidierte Anti-Kommunistinnen geoutet hatten, mussten erleben, wie Fritz Nagel das Haus verkaufen musste, um weiterhin einen Lebensstil pflegen zu können, den er anderen gerne vorwarf, nämlich als Bezieher eines arbeitslosen Einkommens und der neue Besitzer die Mieten noch mehr erhöhte, so weit, dass sie auszogen und er ein Bürogebäude daraus machte. Da bräuchte er sich nicht mit Privatpersonen und ihren komischen Wünschen herumschlagen, war er überzeugt, denn mit Unternehmen wäre die Zusammenarbeit viel einfacher. Man darf ihm dabei viel Glück wünschen. Letztlich spielt es auch keine Rolle, denn es gibt zumindest ein Beispiel, dass es mehr Lebensmöglichkeiten gibt, als uns die traditionell, konservativen Kreise einreden wollen. Man muss es nur in die Hand nehmen und es machen. Und es ist nie zu spät, nochmals neu anzufangen. Selbst Prof. Leonhard Lang fand Freude daran, die Kinder in die Geheimnisse der Natur und des Lebens einzuweisen, während seine Frau mit ihnen einen Gemüsegarten anlegte. So fand jede ihren Platz und ihre Bestimmung. Das Glück zu finden ist manchmal gar nicht so schwer.

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: