Am Anfang steht die Begegnung. Ich schlage die Augen auf, das erste Mal und finde ein Du, das mich annimmt. Von da an stehe ich in Beziehung, so ich mich auf dieses Du einlasse. Es gibt eine Phase im Leben, da scheint es, als hätte ich keine Wahl, als würde ich nichts weiter tun können, als diesem Ur-Instinkt zu folgen, diesem Ur-Instinkt, mich Dir zuzuwenden, Dich als Du anzunehmen, ja, aber sobald ich aus dem Du ein Es mache, es also verdingliche, trete ich aus der eigentlichen Lebendigkeit heraus und pervertiere Dich zum Es. Dem Ur-Instinkt folgend bin ich lebendig. Diesen verlassend bin ich tot, mitten im Leben. Das ist das Problem, das wir in unseren Beziehungen haben. Die Degradierung der Menschen zum Es, zum Ding, zum Produkt, zum Besitz, zu einem Objekt meiner Herrschaftsgewalt.
Mein Anspruch ist es, in allen meinen Geschichten, zu zeigen, dass es möglich ist, wieder zurückzukehren zu einem Stadium, in dem es selbstverständlich ist, dass die mich umgebenden, mit mir in Beziehung tretenden Wesen, Du sein dürfen, auf die ich mich als ihr Du beziehen kann. Diese Beziehungen haben, wie alles Lebendige, einen Lebenszyklus. Der Same wird gelegt, er keimt, unter guten Bedingungen, wächst, trägt Früchte und vergeht wieder. Dabei weiß niemand, welche Phase wie lange dauert. Es kann ein Moment sein, ein kurzes Aufflackern nur und Erlöschen, was nicht bedeutet, dass es nicht nachhaltig wirkt, zutiefst berührt. Oder es kann ein Leben lang andauern.
Es ist ein Kreislauf, wie das Leben selbst. Es ist völlig egal, an welchem Punkt man zu erzählen beginnt. Ich habe mich dafür entschieden mit dem Verblühen, dem Ausklang zu beginnen, denn nur dort, wo wir ausklingen lassen können, machen wir uns bereit für etwas Neues, machen wir eine neue Begegnung erst möglich. Ausklang, der sich fortsetzt in einen neuen Anklang. Ganz leise ist er, zunächst. Man muss ganz genau hinhören. Es ist so leicht zu überhören. Doch wenn einen der Klang erreicht, in einen dringt und einnimmt, dann kann er sich ausbreiten und nachhaltig wirken, bis er uns trägt, in ein Miteinander, in ein Wir, die Conclusio aus Du & Du. Es ist dieses Tragen, das uns mehr werden lässt, mehr, als wir es ohne ein Du, das uns zu uns selbst frei setzt, je sein könnten. Mehr als alles.
Leben ist Beziehung. Liebe ist Anarchie.