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Life is too short for boring stories

Nichts ist so verführerisch, wie die eigene Unzufriedenheit. Ich habe mir die Leinen und die Hunde geschnappt und schlug die Türe hinter mir zu, um meiner Verärgerung noch zusätzlichen Ausdruck zu verleihen. Als wenn das noch notwendig gewesen wäre. Ich wollte nur noch hinaus, aus dieser Situation der Frustration und des Unverstanden seins. Die Hunde waren wohl ein wenig verwundert, aber spazieren gehen ist immer gut, deshalb waren sie sofort dabei. Gefangen in meinen Gedanken, ging ich weg, ohne auf die Richtung zu achten. Es war auch völlig egal. Schließlich wollte ich nur weg.

Während ich einen Fuß vor den anderen setzte, liefen die Gedanken im Kreis. Wieder einmal hatte ich mich hineinziehen lassen, in diesen Strudel aus Rede und Gegenrede, der uns schon so oft in sich eingesogen hatte und der doch zu nichts führte. Außer, dass wir beide danach ebenso unzufrieden waren wie zuvor, wenn nicht noch mehr. Danach? Gab es denn ein Danach? War es nicht eher so, dass es immer und immer wieder so weiterging, wie ein Kreis, der sich schloss und aus dem wir nicht hinauskamen, wie zwei Planeten, die auf verschiedenen Umlaufbahnen flogen und nicht sahen, wie weit sie voneinander entfernt waren, wo wir und doch räumlich im selben Raum befanden. Auch wenn es nicht direkt so gesagt wurde, so hieß der Tenor doch, „Du hast angefangen“. „Wie im Kindergarten“, schoss es mir unwillkürlich durch den Kopf, bloß dass keiner von uns zur Kindergärtnerin laufen und den anderen dafür rügen könnte. Es gab keine Instanz außerhalb von uns. Nur wir, gefangen in unserer Unzufriedenheit darüber, nicht verstanden zu werden. Langsam waren wir sogar überzeugt davon, dass wir uns nicht verstehen wollten. Ich dachte es von Dir und Du von mir. „Du müsstest Dich nur ein wenig mehr anstrengen, aber es scheint Dir egal zu sein“, war ein stummer Vorwurf, den ich Dir machte und Du mir. „Es liegt an Dir“, folgte daraus, „Denn an mir kann es nicht liegen, weil ich sowieso alles Menschenmögliche mache, aber Du torpedierst alle Versuche“, so ein weiterer unausgesprochener Gedanke, der die Art leitete, wie wir miteinander agierten, ich mit Dir und Du mit mir. „Du bist schuld!“, das war das Fazit, Deines und meines. Es war ein Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gab, scheinbar.

Ich setzte verbissen einen Fuß vor den anderen, während die Hunde da und dort schnupperten, weiterliefen, sich ab und an zu mir umdrehten, um sich dann wieder ihrer Umgebung zuzuwenden. Wie oft waren wir diesen Weg durch den Wald, den ich automatisch eingeschlagen hatte, schon gegangen. Dennoch gab es für die Vierbeiner immer etwas Neues zu entdecken, in erster Linie zu erriechen. Endlich gelang es mir, ihnen meine Aufmerksamkeit zuzuwenden, ihnen und ihrer Begeisterung. Die Streitereien ließ ich hinter mir, in diesem Moment, sah zu den Bäumen, zwischen ihnen hindurch, den Weg entlang, als es mir gelang den Blick endlich zu heben und nach vorne zu sehen, gerade als die Sonne unterging und ihr goldenes Licht verbreitete, das langsam schwächer wurde und in einem Rot ausklang. Beinahe hätte ich es versäumt, so wohl hatte ich mich gefühlt im Durchkauen der ewig gleichen Gedanken, als hätte ich das Leben verpasst, indem ich mich so gemütlich in meiner eigenen Unzufriedenheit eingerichtet hatte.

Ich konnte es sehen, die Schönheit der Natur, die Begeisterung meiner Vierbeiner und das Lächeln der Offenheit für einen neuen Gedanken. Ich merkte, dass ich zurücklächelte, einfach hinein in die Einsamkeit des Waldes. Und behielt es auch bei, als ich zu Dir zurückkehrte. Während sich die Hunde müde einrollten, setzte ich mich zu Dir. „Du meine Güte, was kommt jetzt schon wieder“, schienst Du zu denken, aber ich schob es sofort bei Seite, weil es nur meine Interpretation war. Es konnte auch ganz anders sein. So lange Du es nicht aussprichst, kann ich es nicht wissen.

„Weißt Du, was wir machen sollten?“, fragte ich rundheraus, bloß um Dich dazu zu bringen, mich anzusehen, denn ich fuhr fort, als Du tatsächlich den Blick zu mir wendetest, „Wir sollten uns zurücklehnen und versuchen unseren Umgang miteinander anzusehen, als wären wir Außenstehende, wie einen Film, den wir uns ansehen.“

„Ich verstehe, was Du meinst“, erwidertest Du, „Ich habe auch nachgedacht, während ihr weg wart und wenn man sich das so ansieht, dann hat es schon etwas Kindisches, aber es ist so schwer das zu merken, wenn man mitten drinnen steckt.“

„Und wenn man sich von der eigenen Unzufriedenheit verführen lässt“, gab ich zurück, während Du den Arm um mich legtest.

Aus: Alles ganz normal. Geschichten aus dem Leben

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