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Life is too short for boring stories

Und es war, dass ein Tag war, der noch nie zuvor war, und auch nie wieder sein würde. Ein langer Tag voller Dinge, die erledigt werden müssen, lag vor mir und während ich daran ging diese Liste aufzuarbeiten, fragte ich mich, was von diesen Dingen wirklich notwendig war, was davon ich tun wollte und was ich mir davon von anderen einfach aufbürden ließ, weil man es so machte.

Und ich legte aus der Hand, was ich gerade machte. „Das ist nicht meine Aufgabe, und ich habe auch keine Lust mehr sie mir aufzwingen zu lassen“, dachte ich plötzlich und merkte, dass es denkbar war, merkte, dass ich über viele, viele Jahre hinweg nicht einmal den Gedanken zugelassen hatte. Ich ließ es mir sagen, was ich zu tun hatte, welche Aufgaben ich zu erledigen hatte, und ich nahm es an, dachte, es wäre meine Verantwortung den Pfad zu gehen, der mir gezeigt wurde, doch nun wusste ich, mit einem Mal, dass es einen Weg gab, der meiner war, ganz alleine meiner, den ich zu gehen hatte. Vielleicht wusste ich es schon lange, aber ich wagte es nicht, weil ich mich der Verantwortung nicht entziehen wollte, doch was war mit der Verantwortung mir selbst und meinem Leben gegenüber? Was war mit der Verantwortung der anderen, mich mein Leben leben zu lassen? Alles ist ein Geben und ein Nehmen. Und ich hatte bis jetzt nur gegeben, bis hin zu mir selbst, weil ich es zuließ und weil die Anforderungen immer mehr werden, je mehr man davon erfüllt.

„Mit Dir kann man es machen. Du hast es mit Dir machen lassen. Du hast es zugelassen“, bekam ich zugeflüstert. Und es stimmte, ich hatte mitgespielt, ein Spiel, das Untergang für mich bedeutet. Ich brauchte es nicht mehr, die Menschen, die mir mit Wohlwollen begegnen, weil ich so aussehe, wie sie es wollen, weil ich so spreche, wie sie es wollen, weil ich mich so verhalte, wie sie es wollen, weil ich das tue, was sie wollen. Ich trat heraus aus der Menge und nahm Abschied von dem Weg, der Sicherheit und Verlässlichkeit versprach, aber auch Betäubung und Tod bedeutete, Tod, mitten im Leben.

Und es war der Tag, an dem ich das erste eiserne Band um mein Herz sprengte, und ich spürte, dass es noch immer schlug, zum ersten Mal, und auch der Schmerz war wieder da. Seit langem wieder spürte ich etwas, und wenn es der Schmerz war, aber auch die Befreiung und das Gefühl wieder zu Atem zu kommen, die ersten Mauern einzureißen, hinter denen das Licht und die Wärme und das Leben verborgen lagen, erstmals wieder Glück und Freude und Freiheit. Oder eigentlich zum ersten Mal. Und es erfasste mich eine Woge der Zufriedenheit. Natürlich war da auch Unsicherheit, denn ich begab mich auf ungesichertes Terrain, auf einen Weg, der verwachsen und unzugänglich war. Ich wusste, ich würde straucheln, mir die Haut aufreißen an Dornen und Steine übersehen und fallen, aber jetzt, jetzt hatte ich die Kraft daran zu wachsen, wieder aufzustehen und weiter zu gehen, hatte die Kraft meinen eigenen Weg zu suchen und zu finden, die Kraft selbst zu sein, die Kraft zu leben, lebendig, atmend, fühlend zu leben. Nur die Leblosigkeit bewahrt wirklich vor Wunden und Schmerz, doch ich hatte mein Leben nicht geschenkt bekommen um es zu vegetieren, sondern um es zu leben, es mit Farbe, Licht und Freude zu erfüllen.

Vielleicht verstehst Du es nicht. Vielleicht bist Du verärgert, dass Du nun die Dinge, die Du eigentlich erledigen lassen wolltest, nun wieder selbst erledigen musst, weil ich sie nicht mehr auf mich abwälzen lasse, doch keine Sorge, Du gewöhnst Dich daran, und ich weiß, irgendwann wirst Du mich verstehen, auch, dass ich nicht länger bereit war mein Herz hinter eisernen Banden einzusperren. Und der Tag, an dem das erste eiserne Band fiel, war der Tag der Befreiung.

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