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Life is too short for boring stories

Wer keine Lust hat zu lesen, kann es sich auch live anhören, um 21.00 Uhr auf Facebook.

Traditionen, Bräuche, Rituale soll man ehren – dem werde ich mich nicht verschließen und ganz traditionell, wie es sich eben gehört, beginnen mit …

Es war einmal. Und das vor nicht allzu langer Zeit, dass das gesamte Headquarter von Nestle (wer es noch nicht kennt, dem sei gesagt, eine kleine Schweizer Firma, was doch immer sehr nach Idylle klingt) mit dem Firmenjet nach Mexiko flog. Das Ziel lag ein wenig außerhalb von Mexiko City, etwa eine Autostunde, je nach Auto. Landen konnte man dort überall. Und wenn dabei ein paar Felder oder Ureinwohner zu Schaden kamen, war weiters nicht schlimm, es gab ja eh zu viele Menschen auf der Welt. Es sollte überprüft werden, ob bei der kürzlich von Nestle erworbenen Quelle auch alles mit rechten Dingen zuging und sich nicht etwa Unbefugte ein oder zwei Tröpfchen abzweigten. Menschen oder gar Tiere. Denn die Ausbeute war in letzter Zeit ein wenig zurückgegangen. Der Gedanke an Sabotage war also naheliegend. Dieser Sache wurde höchste Prioritätsstufe eingeräumt – es könnten sich auch so Extremisten daran zu schaffen gemacht haben, die allen Ernstes meinten, man dürfe Wasser einfach so trinken, ohne an Nestle zu bezahlen. Deshalb flog auch das gesamte Headquarter, incl. dem Vorsitzenden Peter Brabeck-Letmathe an den Ort der Geschehnisse. Natürlich war es riskant.

Als das Flugzeug in der Wüste Mexikos tatsächlich zerschellte, war es ausgerechnet Peter Brabeck-Letmathe höchstselbst, der den Absturz überlebte. Er saß gerade am Clo, als es geschah. Das war es wohl, was ihn gerettet hatte. Darüber hinaus war das Flugzeug derart kaputt gegangen, dass er von seinem Sitz aus nicht nur freie Sicht, sondern auch einen freien Ausgang hatte. Rasch zog er die noch immer über die Knöchel baumelnde Hose hoch und schloss sie, diese und einen ausgeklügelten Plan. Er begann damit das Flugzeug zu verlassen. Er hatte schließlich einen konkreten Auftrag. Er musste die Quelle besichtigen. Mutig stapfte er drauflos. Schließlich hatte er schon ganz andere Situationen gemeistert.

„Wasser als Menschenrecht, das trauen sie sich auch noch laut sagen“, dachte er, während er zielstrebig voranging, „Da könnte man ja gleich verlangen, dass Lebensmittel frei zugänglich sein sollten oder Grund und Boden. Was für ein Witz. Denen muss ordentlich fad sein, diesen linken Extremisten. Und dann erst die Feministinnen. Sitzen den ganzen Tag zu Hause, verwöhnen ihre Kinder und weil sie sonst nichts zu tun haben und vielleicht sogar noch irgendso ein Orchideenfach studiert haben, irgendetwas Geisteswissenschaftliches, was auch immer daran Wissenschaft sein soll, und dann denken sie. Und wem fad ist und wer denkt, der kommt auf blöde Ideen. Eigentlich sollten auch Gedanken ein Handelsgut werden, dann könnten es sich weniger leisten und solche Sache würden nicht mehr passieren.“

 

Und während er so vor sich hinging und vor sich hindachte, hatte er tatsächlich die Quelle erreicht. Sein Anzug war völlig verschwitzt und wohl auch ein wenig derangiert, denn die mittägliche Sonne über Mexiko, brannte gnadenlos auf ihn herab. Sogar auf ihn. Aber die Krawatte saß perfekt. Außerdem schlich sich nun doch ein leichtes Durstgefühl ein. Seine Kehle war wie ausgedörrt, aber das würde sich gleich ändern. Dann traf er auf den ersten Menschen. Es war ein Wachsoldat. Abgestellt und besoldet von Nestle die Quelle vor unbefugten Zugriffen zu schützen, und unbefugt waren alle Nicht-Eigentümer. Peter Brabeck-Letmathe, seiner Würde und Stellung bewusst, wollte hocherhobenen Hauptes an dem Wachhabenden vorbeigehen, doch dieser hielt ihn auf.

“¡Para! Sin acceso no autorizado!”, sagte dieser laut und vernehmlich, nur dass der CEO des Spanischen nicht mächtig war, aber er verstand so viel, dass dieser ihn offenbar nicht durchlassen wollte.

“Hör mal!”, herrschte er ihn an, auf Englisch, mit Kärntner Dialekt, der immer noch durchkam, wenn er wütend wurde, “Weißt Du nicht wer ich bin?”

“Nein”, antwortete der Wachhabende, der offenbar des Englischen mächtig war, “Ich lasse hier niemanden rein, nicht ohne Ausweis.“

„Ich bin der CEO von Nestle“, gab er zurück.

„Das kann jeder sagen, und vor allem, wenn er so abgerissen durch die Wüste läuft“, erwiderte der unerbittliche Wachmann.

„Wir hatten einen Flugzeugabsturz, alle Members des Headquarters sind tot, und ich der einzig Überlebende, ich brauche Wasser“, erklärte der CEO, schon etwas kleinlauter.

„So blöd wird Nestle sein, der Witz war gut, alle in einem Flugzeug“, erwiderte der Soldat, der seinen Sold wohl wert war, „Dann zeig mir Deinen Ausweis.“ Doch den hatte der CEO nicht mit. Wozu auch. Sonst kannte man ihn überall. Kein Ausweis, kein Geld, nichts.

„Bitte, nur ein wenig Wasser“, flehte er nun.

„Kein Problem, dort drüben ist ein Stand, dort kannst Du wunderbares Wasser kaufen“, sagte der Wachsoldat und wies in eine unbestimmte Richtung, doch der CEO konnte nichts mehr erkennen, so sehr flimmerte es vor seinen Augen.

 

„Kein Geld, kein Ausweis, vielleicht konnte Wasser doch ein Menschenrecht sein“, dachte er noch, aber es gab ja sowieso viel zu viele Menschen auf der Welt.

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