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Life is too short for boring stories

„Bevor Du gehst, muss ich Dir noch was ganz Wichtiges sagen“, presste sie atemlos hervor, während sie die Treppe gerade hinunter hechtete. Sie hatte es geschafft, quasi in allerletzter Minute, da er die Türschnalle bereits in der Hand hatte, bereit die Türe zu öffnen und hinaus ins Freie zu treten. Langsam wandte er sich zu ihr ihm. Da war sie auch schon bei ihm, stand ihm ganz nahe gegenüber, so dass sie unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Zu nahe für solch eine Situation, wie ihr nur allzu deutlich bewusst wurde. Vielleicht war auch der Ort unpassend, so im Vorzimmer, zwischen Tür und Angel, wie man so schön sagt, aber letztlich war es egal. Es musste gesagt werden und sie würde es sagen, ganz egal wo.

„Bevor Du gehst, will ich, dass Du noch etwas weißt“, begann sie ihre Ausführungen, die sie sich lange zurückrechtgelegt hatte, vom oberen Treppenabsatz bis zum unteren, „Es ist weder Deine noch meine Schuld. Niemand trägt Schuld, also im Sinne von moralischer Schuld. Es kann das Leben sein oder die Umstände oder einfach ein etwas das sich ändert. anders wird und nicht mehr zu leugnen ist, irgendwann.“

„Aha“, sagte er bloß, weil er während all der Jahre gelernt hatte, dass man das so zu machen hat, wenn ein Mann mit einer Frau spricht. Ab und an wirft Mann eine kleine Zwischenbemerkung ein, die völlig unnötig ist, also was den Informationsaustausch betrifft, der Frau aber signalisiert, ja ich höre zu. Damit war er gut gefahren. Er hatte vier Varianten auf Lager, „Aha“, „Soso“, „Mhm“ und „Tatsächlich“. Das hatte sich als völlig ausreichend herausgestellt.

„Also, bevor Du gehst, will ich, dass Du weißt“, fuhr sie zufrieden fort, „wir hatten eine wirklich schöne Zeit. So viele besondere Momente, die wir miteinander erleben durften. Ich werde es nie vergessen. Du hast mein Leben und meine Gedanken und mein Handeln bereichert, und ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig was zurückgeben. Du warst mein Fels in der Brandung, wenn ich unterzugehen drohte. Du warst mein Anker und meine Zuversicht. Immer wieder hast Du es geschafft mich zum Lachen zu bringen, auch wenn ich dachte, dass ich nie wieder lachen könnte. Du hast mich aufgefangen und getragen, wenn ich zu schwach war selber zu gehen, aber Du hast mich auch tun lassen, was ich zu tun hatte, was mir wichtig war. Du hast mich unterstützt, wo Du nur konntest.“

„Tatsächlich“, warf er ein, und versuchte einen weiteren Vorstoß, „Meine Süße, ich gehe doch nur …“ Weiter kam er nicht.

„Bitte unterbrich mich nicht“, erklärte sie, „So gefasst ich auch wirken mag, es fällt mir ganz und gar nicht leicht das zu sagen, wie Du Dir wohl vorstellen kannst. Also, bevor Du gehst, wo war ich nur … Ach ja, bevor Du gehst, möchte ich, dass Du weißt, dass ich Dir nur das Beste wünsche, dass Dir das Leben gewogen ist und Du glücklich sein wirst, vielleicht nicht jetzt, aber in der Zukunft, möglicherweise schon in der nahen. Denn Menschen, die man liebt, denen kann man doch nur das Beste wünschen, ganz egal wo sie das Leben hinträgt oder was sie machen. Außerdem wollte ich sagen, dass Du immer einen Platz in meinem Herzen hast. Du hast Dich unauslöschlich darin eingegraben und niemals wird ihn jemand anderer einnehmen können. Sicher, es kann ein anderer Mensch in mein Leben treten, aber niemals wird die Begegnung wie mit Dir sein, weil es nun mal was ganz Besonderes, Einzigartiges war. Ich bin so unendlich glücklich, dass ich das erleben durfte. Das kann mir auch keiner mehr wegnehmen. Immer und immer wird es bleiben.“

 

Es war der Moment, da er abstellte, was er in Händen hielt und sie spontan in die Arme schloss, seine Hand über ihren Kopf streichen ließ, als sie denselben an seine Brust schmiegte.

„Das ist alles wunderschön, was Du sagst, und ja, ich sehe es ganz genau so“, nahm er die Möglichkeit wahr, endlich zu Wort zu kommen. Im Zweifelsfall würde er ihren Kopf noch fester an seine Brust drücken, damit sie keine Chance hatte ihn zu unterbrechen. „Ich hätte es zwar nicht so gesagt. Das ausschweifende Reden ist eher Deines. Aber, meine Süße, ich gehe doch bloß einkaufen. Ich muss mich beeilen, die Geschäfte sperren bald und ich bin gleich wieder da. Dann können wir weiterreden.“ Sprachs, ließ sie los und ging.

 

Aus: Alles ganz normal. Geschichten aus dem Leben

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