Sebastian dachte angestrengt nach was er tun sollte. Er hatte es nicht gewusst. Das enthob ihn dennoch nicht der Verantwortung. „Das erste Mal“, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf, „Sollte das nicht etwas ganz Besonderes für ein Mädchen sein?“ Gehört hatte er davon und es gelang ihm sogar sich ein vages Bild davon zu machen, aber wer konnte sich schon wirklich in ein Mädchen hineinversetzen. Den Nimbus des Magischen umgab diese Jungfräulichkeit noch immer. Es war ihm, als hätte er etwas zerstört, was sich nicht wieder reparieren ließ, nie wieder. Gab es denn sonst etwas gut zu machen? Würde es nicht alles ändern zwischen ihnen? Bei dem Gedanken zog sich ihm die Brust zusammen. Er hatte sie doch gerade erst gefunden. Oder sie ihn. Das tat jetzt nichts zur Sache, nur, dass er sie nicht verlieren wollte, nicht jetzt. Irgendwann, womöglich, wenn ihr bewusstwurde, wie viel älter er doch war, wie sehr ihre Lebenswirklichkeiten voneinander abwichen, irgendwann, aber nicht jetzt. Aber hatte er sich nicht verpflichtet, jetzt gerade in dem Moment, verpflichtet zu ihr? Oder das Gegenteil, sie sofort gehen zu lassen? Niemals würde er sich das verzeihen können.
„Warum hast Du denn aufgehört?“, hörte er Sandys Stimme plötzlich. Leise war sie noch, doch deutlich vernehmbar.
„Warum ich aufgehört habe? Ist das eine Frage?“, fragte er verwirrt, „Wenn ich gewusst hätte, dass Du noch Jungfrau bist …“
„Was wäre dann gewesen?“, unterbrach sie ihn, und da war kein Vorwurf, nur dieses bezaubernde Lächeln, das er so sehr an ihr liebte.
„Vielleicht hätten wir uns dann mehr Zeit lassen sollen oder so“, versuchte er eine Antwort zu finden, „Oder, na ja, den Richtigen abwarten. Aber ich weiß nur, dass ich Dir weh getan habe, und das war das Letzte was ich wollte.“
„Das ist wohl unumgänglich, aber dass Du der Richtige bist, das wusste ich von Anfang an“, gab sie unumwunden zu, „Und ich habe mich nicht getäuscht, so zärtlich und einfühlsam wie Du bist. Auch die Vorwürfe, die Du Dir machst, das alles zeigt, dass ich recht hatte und habe.“
„Das war also alles geplant?“, fragte er.
„Geplant nicht direkt. Es hat sich eher so ergeben“, meinte sie achselzuckend, „Es tut so gut mit Dir zusammen zu sein. Du versetzt mich in solch eine Hochstimmung, und wenn Du nicht da bist, dann ist es, als würde etwas fehlen, und als Du mich in den Arm genommen hast und ich Dich ganz nahe gespürt habe, da wurde mir schwindlig und heiß und ich wollte nichts, als mich Dir zu schenken. Und ich will nach wie vor nichts anderes.“
Lange sah er sie an, während seine Hand über ihre Wange strich und sie seinem Blick standhielt. Und er fand etwas in sich, das ihm sagte, dass sie recht hatte. Ob geplant oder ungeplant, sie hatten sich gefunden, weil es hatte sein sollen. Da zog sie ihn erneut an sich, völlig unmissverständlich.
„Und wenn Du nochmals in Ohnmacht fällst?“, fragte er, den Mund ganz nahe an ihrem Ohr.
„Dann versprichst Du mir, dass Du einfach weitermachst und ich mit Dir in mir in die Ohnmacht falle und mit Dir in mir wieder erwache.“
„Und wenn nicht?“, fuhr er fort.
„Musst Du eigentlich immer so viel fragen“, konterte sie, und indem sie ihn küsste, verhinderte sie, dass er tatsächlich weiter fragte. Schließlich wusste er was er zu tun hatte.
