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Life is too short for boring stories

Bei der nächsten Grünphase gelang es Sebastian tatsächlich sein Auto rechtzeitig in Bewegung zu setzen. Sonderbarer Weise, so musste er sich selbst eingestehen und zumuten, war er nervös. Und das in seinem Alter. Dabei geschah nichts Besonderes. Es war eine ganz normale Verabredung mit Sandy. Obwohl, war sie tatsächlich normal zu nennen? Drei Wochen waren vergangen, seit sie so unvermutet in sein Leben getreten war. Natürlich war er am Samstag bei dem Spiel gewesen, und er musste zugeben, sie hatte sich toll entwickelt. Mit Stolz fügte er hinzu, dass der Grundstein für das technische Können auch mit seinem Training gelegt worden war. Zumindest ein wenig. Von da an hatten sie sich immer häufiger getroffen, ungezwungen und harmlos. Zum gemeinsamen Lauftraining, zum Spazierengehen oder einfach nur zum Tratschen. Schon nach kürzester Zeit hatte er festgestellt, dass er sich an diese Treffen gewöhnte und sie nicht mehr missen mochte.

„Weißt Du, warum ich im Handball so gut bin?“, hatte sie ihn eines Tages, in ihrer unnachahmlich direkten Art, gefragt.

„Weil Du viel trainierst und talentiert bist?“, erwiderte er damals ihre Frage mit einer Gegenfrage.

„Das auch natürlich, aber vor allem, weil ich wusste, dass Du es irgendwann sehen und Du dann stolz auf mich sein würdest“, gestand sie unumwunden ein. Und diese Antwort kam mit einer solchen Selbstverständlichkeit, als wäre gar nichts anderes möglich. Erfrischend war ihre Leichtigkeit und ihr Wille das Beste vom Leben zu erwarten, weil sie es konnte. Es tat ihm gut, denn sie riss ihn mit in diese, ihre Wirklichkeit, in der es nichts Böses zu geben schien. Gleichzeitig machte es ihm Angst. Wie leicht könnte sie verletzt werden. So viel Offenheit und, er fand kein besseres Wort dafür, Leichtsinn, das war schon beinahe masochistisch. Das Leben hatte sie bisher gut behandelt, hatte sie wohlbehütet aufwachsen lassen. Er wusste es besser, aber er drang nicht durch zu ihr. Vielleicht probierte er es nicht nachhaltig genug, denn er wollte ihr ihre Illusionen nicht zerstören, weil sie ihn ansteckte, und ab und an ertappte er sich bereits dabei, dass er überlegte, warum es denn nicht so sein sollte.

Aber dieses Treffen, zu dem er sich jetzt auf den Weg machte, war ein ganz Besonderes. Es war ihr erstes offizielles Rendezvous. Davon hatte er wohl schon genügend in seinem Leben erlebt, einerseits, und andererseits hatten sie sich schon oft gesehen. Dennoch war irgendetwas anderes, und dieses Irgendetwas bewirkte, dass er nervös war. Es genügte ihr Lächeln, um all seine Bedenken und seine Nervosität völlig auszulöschen. Was blieb, war dieses angenehme Gefühl, sie bei sich zu wissen.

Beinahe klassisch konnte dieser Abend genannt werden, mit Restaurant-  und Kinobesuch, einem Abstecher in eine Bar, um dann in seiner Wohnung zu landen. Und als er sie in die Arme nahm – oder sie ihn, so genau wusste er das nicht -, sie zu küssen, da war sie einfach eine Frau, die er begehrte, die ihn begehrte. So oft erlebt, und doch wieder ein erstes Mal, mit all dem Prickeln und dem Zauber, der ersten Malen nun mal innewohnte oder sollte. Immer mehr war es verloren gegangen, im Laufe der Zeit. Vielleicht war es ihre Jugendlichkeit, ihre Frische und dieses unbedingte Vertrauen in ihn, das auch ihn erfasste. Was machte sie nur mit ihm? Wollte er es so genau wissen?

Ihr warmer, weicher Körper an seinem, ihre Beine um ihn geschlungen, versanken sie in Zärtlichkeit, und als er ansetzte, sie endgültig zu erobern, sich mit ihr zu vereinen, indem er durch ihre Pforte in sie eintrat, da fühlte er sich aufgenommen und willkommen. Er vernahm wie sie aufstöhnte, spürte wie sie ihn bereitwillig in sich aufnahm, ja ihn geradezu einforderte. Er wollte sich jedoch Zeit lassen. Behutsam und langsam bahnte er sich seinen Weg, und konnte dennoch nicht verhindern, dass sie plötzlich aufschrie. Verdattert sah er sie an, sah wie sich ihre Augen verdrehten und ihr die Sinne schwanden. Gleichzeitig spürte er wie ihr warmes Blut über seine Haut lief. War es denn? Konnte es denn sein? Warum hatte sie nichts gesagt? Vorsichtig zog er sich aus ihr zurück. Wenn er es doch nur gewusst hätte. Sie erschien ihm wie ein kleines Vögelchen, das sich ihm in die Hand gegeben hatte, gänzlich, und er hatte sie zerdrückt. Er legte sich neben sie und strich zärtlich, wie um Vergebung heischend, über ihre Wange. Wie würde sie reagieren, wenn sie aufwachte?

Aus: Weibliche Ohn-machten

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