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Life is too short for boring stories

Ein heißer Sommernachmittag. Kindergeburtstag. Im Garten laufen zehn Kinder herum, sieben Mädchen und drei Burschen. Die Mütter sitzen auf der Terrasse und tratschen. Die Gastgeberin hat für das Geburtstagskind und ihre Gäste ein Planschbecken aufgestellt. Ein ganz normales, idyllisches Bild, wie es wohl tausendfach in dem Teil der Welt, in dem wir leben, den wir so wichtig nehmen, und der doch so beschränkt ist, im Vergleich zum Rest. Aber warum darüber sorgen, dass ein kleiner Teil der Menschheit dafür sorgt, dass die Ressourcen, die allen zustünden, für sie verwendet werden, denn wir haben es ja gut. Und die Kinder haben Spaß. Alle. Sie toben, laufen, hüpfen ins Wasser. Darin sind sie sich einig. Es gibt keinen Unterschied. Wirklich? Der aufmerksame Beobachter wird feststellen, dass es doch einen gibt. Die Burschen laufen nackt herum, während die Mädchen Badeanzug oder Bikini tragen. Zum Umziehen gehen sie ins Haus. Die Oberteile der Bikinis schlenkern funktionslos um die Anlage einer weiblichen Brust. Denn die Kinder sind gerade erst fünf.

Die kleinen Jungen haben keine Scheu sich zu präsentieren. Vielleicht wirft die eine oder andere Mutter einen verstohlenen oder sogar einen offenen Blick auf ihren männlichen Nachwuchs, erfreut sich der Ursprünglichkeit und der Unerschrockenheit, die er an den Tag legt. Man kann sehen, wie sich sein Geschlecht mit ihm bewegt. Mittendrin, irgendwo im Garten, bleibt einer von ihnen stehen, schiebt demonstrativ das Becken nach vorne und verrichtet seine Notdurft. Lächelnd schüttelt eine Mutter den Kopf und sagt: „Jungen eben“. Mit Genuss und Freude präsentieren sie sich, will sie damit sagen, zeigen, was sie haben. Das ist normal und in Ordnung so. Das Lächeln beweist es, und bedeutet auch den mütterlichen Stolz.

Wie er so steht, der männliche Stolz der Mutter und aller andern Anverwandten wohl ebenso, das Becken immer noch provokativ vorgeschoben, bleibt eines der kleinen Mädchen vor ihm stehen und mustert ihn eingehend. Von oben bis unten und von unten nach oben. Ihr Blick kennt noch keine Scheu. Leichte Furchen überziehen ihre Stirn. Man kann annehmen, dass sie nachdenkt, denn nachdem sie die Begutachtung abgeschlossen hat, wandert ihr Blick zu ihrem eigenen Körper, der beinahe ebenso nackt ist wie der des Jungen. Bloß ein knappes Höschen trägt sie, denn ihre Mutter ist eine von jenen, die vernünftiger Weise sagen, dass sie in ihrem Alter noch keinen Oberteil benötigt. Es ist weder putzig, noch süß, sondern einfach nur dumm und unnötig, außer man sieht es als vernünftig, dass Mädchen bereits mit fünf, ja schon im Kinderwagen liegend auf das Verpacken ihrer Brüste vorbereitet werden müssen.

Der kleine Penis schlenkert lustig vor ihr hin und her. Wenn sie nun das Höschen auszieht, muss sie feststellen, dass sie keinen hat. Das ist das erste, was ihr bewusst wird. Der Junge hat etwas, was sie nicht hat. Aber sie hat etwas Anderes, was der Junge nicht hat. Und sie will es auch zeigen. Also setzt sie sich, ohne Höschen, neben die Mütter auf die Terrasse und zeigt was sie hat. Warum auch nicht, der Junge tat es doch auch? Sie stellt die Beine auseinander, während die anwesenden Mütter am liebsten im Erdboden versinken würden, vor lauter Scham. Fremdschämen nennt sich dies euphemistisch. Doch das Mädchen lässt sich davon nicht beirren, holt mit der Hand weit aus und weist mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf das, was sie hat. Die erwachsenen, weiblichen Gehirne schalten sofort auf Penisassoziation, als sie erschrocken erkennen, dass sich dieser eindringlich einem in Entwicklung begriffenen weiblichen Geschlechtsorgan nähert.

„Schau mal, Mama, was ich da habe“, triumphiert das kleine Mädchen, das weder was von Scham noch von dem Zwang das weibliche Geschlecht zu verstecken, weiß, so gut zu verstecken, dass sie am besten selbst nichts davon weiß. Es ist nicht ihre Aufgabe es zu entdecken, außer in seiner Funktionalität. Es zu entdecken und zu beurteilen obliegt anderen, dem Arzt und dem Liebhaber. Gehen wir aber jetzt einmal von dem völlig utopischen Gedanken aus – schließlich ist es eine Geschichte und nicht die Wirklichkeit -, dass die Mutter aufgeschlossen und offen ist, so dass sie ohne Probleme sagen kann,

„Du hast eine wunderschöne …“, ja, was eigentlich?

Das richtige Wort wäre Vagina, aber was soll eine Fünfjährige mit diesem Begriff anfangen. Doch wie sollen wir es nennen, das Objekt?

Aus: Weibliche Ohn-machten

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