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Life is too short for boring stories

Manche würden sagen, es hat so sein sollen. Andere würden es für puren Zufall halten, was an diesem Abend geschah. Dabei war es einfach nur ein Zusammentreffen besonderer Umstände, und zwar – was es ja eben so besonders werden ließ und sich nicht so häufig findet, dessentwegen aber nicht gleich als ungewöhnlich, sondern höchstens als selten bezeichnet werden konnte – auf beiden Seiten. Sie verliebten sich. Und weil es eben schon einmal so sein sollte, mit Haut und Haaren und was sie sonst noch so aufzubieten hatten. Auch das ein durchaus gängiger Ablauf, denn wenn man etwas machte, dann gleich ordentlich. Sonst könne man es ganz bleiben lassen.

Dabei war es nichts anderes – und die Verwechslung, auch des eigenen Wollens, spielt im Leben keine unbedingt untergeordnete Rolle – als der Wunsch berührt, gehalten zu werden, dessen beide – und das eben war das, was sich so wunderbar traf – so lange entbehren hatten müssen. Und weil das mit den halben Sachen – wie bereits erwähnt – für die anderen war und nicht für einen selbst, meinten sie, er und sie, ohne sich je darüber verständigt zu haben – was durchaus zu Fatalitäten führen kann, wie sich zeigen wird – jetzt immer so sein müsste, ohne sich – auch sich selbst gegenüber – nicht einzugestehen, was das eigentlich bedeutete. Deshalb dauerte es auch nicht allzu lange, bis sie sich nicht mehr wohl fühlten. Sie hätten natürlich das Neue in das Alte, sprich ihr Gemeinsam in das Bisherige ihres Lebens integrieren können. Aber es war, als hätten sie den Moment, der es möglich machte, verpasst und sie müssten nun so weitermachen.

 

„Du erstickst mich“, sagte er so eines Tages zu ihr, und sie fiel aus allen Wolken. Zumindest meinte sie, es müsse jetzt so sein, weil er bis jetzt ganz anders gesprochen hätte, wobei sie geflissentlich übersah, dass er überhaupt nicht gesprochen hatte, zumindest nicht darüber. Und um es ganz genau zu nehmen, sie auch nicht.

„Aber was soll das heißen?“, fragte sie gekränkt. Denn auch Kränkung ist in diesem Falle angebracht und einzuhalten.

„Du erstickst mich mit Deiner Anwesenheit, mit Deiner Präsenz. Es ist, als hätte ich kein Leben mehr, so wie es vorher war“, versuchte er zu erklären, auch wenn es sinnlos war, denn sie hatte nun mal nicht den Mut zu verstehen, „Ich will es einfach wiederhaben, die Möglichkeit selbst zu gestalten, ohne es erklären zu müssen. Du bist mir so viel, zu viel, ich kann nicht mehr atmen, nicht mehr denken. Und vor allem es ist kein Platz für die Sehnsucht. Ich kann Dich nicht vermissen. Ich kann mich nicht mehr auf Dich vorbereiten. Da ist keine Freude mehr, sondern nur mehr Bezüglichkeit.“

Und als sie ging, konnte er aufatmen.

 

Es wäre ein noch ungewöhnlicheres Zusammentreffen gewesen, wenn sie sich auch darin gefunden hätten. Doch sie brauchte etwas länger, bis sie nach Atem zu ringen begonnen hätte. So hatte er es übernommen, übernehmen müssen, um nicht unterzugehen. So ging sie. Einfach so. Und als sie den Schmerz, wohl auch die Gekränktheit, durchwandert hatte, woraufhin sie sich einen klaren Gedanken abrang, erst einmal einen. Man konnte dann ja weitersehen. Dieser Gedanke jedenfalls war ein Anfang und besagte, dass er wohl recht hatte.

 

Wie schwer es doch ist zu hören was der andere sagt, gerade wenn man sich emotional nahe steht, ohne das Gesagte als Angriff zu werten und nicht vielmehr als das, was es ist, eine Information darüber, wie es dem anderen geht. Dabei sollte es doch gerade da so sein. Aber wahrscheinlich waren sie einfach noch nicht so weit gewesen. Und wenn man versteht, wenn man sich durchgerungen hat, dann ist es zu spät. Schade, dass es auch das nicht ungewöhnlich ist. Vielleicht könnten sie doch noch einen Weg finden, der das Atmen und die Sehnsucht zuließe. Sie würde es auf jeden Fall versuchen, denn verloren ist nur, was man verloren gibt.

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2 Gedanken zu “Du erstickst mich

  1. eatclean2017 sagt:

    sehr schön gechrieben- man kann es spüren

    1. novels4utoo sagt:

      Das freut mich sehr!

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