Manchmal bin ich einfach nur so unendlich müde, von den Herausforderungen des Tages, von der anhaltenden Entzweiung, die sich allerorts beobachten lässt und letztlich keinen Sinn ergibt, weil es niemand wirklich wollen kann und trotzdem alles dafür getan wird, dass es fortschreitet. Ganz im Gegenteil. Man startet untergriffige Wortgefechte aus den nichtigsten Anlässen und erwartet allen Ernstes, dass die Menschen zusammenfinden? Ich habe schon lange aufgehört nach dem Warum zu fragen, auch wenn ich es gerne verstehen würde. Doch wie soll es anders sein, wenn man den Eindruck gewinnt, dass bei jeder Aussage nach dem einen verwerflichen Punkt gesucht wird, auf dem man schonungslos herumreiten kann.
Manchmal bin ich einfach nur so unendlich müde, wenn ich erleben muss, dass sich Menschen voneinander entfernen, die sich eigentlich annähern wollen, aber aus Stolz oder Rechthaberei oder Herrschaftsdenken oder aus bloßer Verstimmtheit, in jeder Form des versöhnlichen Umgangs eine persönliche Niederlage sehen. Weil wir es wohl allzu lange gelernt haben, dass es bei allem, was wir tun, um Sieg oder Niederlage, Herrschaft oder Unterordnung geht. Ist es wirklich so schwer, sich davon wieder zu verabschieden und stattdessen das Gemeinsame zu suchen, das uns verbindet. Mehr noch, die Einmaligkeit der/des Anderen als Bereicherung zu erkennen, statt als Konkurrenz, sich davon erweitern und inspirieren zu lassen.
Manchmal bin ich einfach nur so unendlich müde, wenn ich mich zum wiederholten Mal erklären muss und trotzdem immer noch nicht das Gefühl habe, verstanden zu werden, weil nur das Trennende und nicht das Verbindende gesehen wird, der Widerspruch und nicht der Zuspruch, nur das, was In-Frage-stellt und nicht das, was unterstützend sein soll. Am Ende ist es regelmäßig so, dass ich mich fragen muss, ob wir tatsächlich dieselbe Sprache sprechen und wenn, ob die Worte für uns dieselbe Bedeutung haben. Ist es denn tatsächlich so schwer zwischen dem persönlichen und informativen Teil einer Botschaft zu unterscheiden?
Manchmal bin ich einfach nur so unendlich müde, weil ich zusehen muss, wie viel so ohne Sinn und Verstand zerstört wird, um dabei die uns alle innewohnende Kraft zum Aufbau zu übersehen oder nicht wahrhaben zu wollen. Was ist so erstrebenswert daran, lieber alles und jedes schlecht zu machen, statt die verbindenden Talente zum Konstruktivem zu nutzen? Vielleicht sogar zur Verwirklichung einer gemeinsamen, besseren Welt.
Manchmal bin ich einfach so unendlich müde, weil ich sehe, wie das Leben missachtet wird, egal wo man hinsieht und das dann mit wirtschaftlicher Notwendigkeit gerechtfertigt wird, weil ich nicht verstehe, dass es andere nicht sehen, was doch so offensichtlich ist. Was nützt uns das beste wirtschaftliche Fortkommen, wenn dabei die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt und wir uns gegenseitig zu neidzerfressenen Feinden machen, wo wir doch miteinander viel mehr erreichen könnten. Vielleicht einen Sinn jenseits von Missgunst und Verständnislosigkeit, in jenem Glück, das wir doch letztlich alle anstreben.
Manchmal bin ich einfach so unendlich müde, der Kopf ist so schwer, wie mein Herz und ich will mich bloß noch in mir verkriechen, nichts mehr sehen, nichts mehr hören und nichts mehr erklären. Und wenn es so ist, dann siehst Du mich an, wie nur Du mich ansiehst, mit diesem Blick, der die Traurigkeit und den Schmerz erkennt. Du weißt darum und fragst nicht weiter, weil ich mich Dir nicht mehr erklären muss, weil Du um mich weißt und mich einfach in den Arm nimmst, ohne ein Wort, und doch so sprechend, mich ganz nahe zu Dir ziehst, so dass ich mich in Deinen Arm, in Deine Nähe und Zugewandtheit einrolle. Ganz nahe bei Dir, durchströmt mich Deine Wärme und schenkt mir so unendlich viel Kraft, auch für das Morgen, das kommen wird. Du verscheuchst die Müdigkeit und die Mutlosigkeit, die Apathie und die Leblosigkeit, ersetzt sie mit Deiner Zuwendung und Zuneigung.
Und dann bin ich einfach so unendlich dankbar, dass es neben allem, was mich so müde macht auch das gibt, das mich belebt und erfüllt, mit Freude und Zuversicht, so unendlich dankbar, dass es Dich in meinem Leben gibt.
Das Leben literarisch ergründen

Ungezähmt. Anleitung zum Widerstand


Der Weg ist das Ziel ist der Weg
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