Deine Hände zitterten, als Du das alabasterne Gefäß nahmst,
das gefüllt war, bis zu Rand mit diesem wunderbar duftenden Öl, als Du es
festhieltst und dich auf den Weg zu ihm machtest.
Dein Herz schlug heftig, als Du aus dem Haus tratst, und
Dein offenes Haar glänzte in der Sonne, Dein langes, pechschwarzes Haar. Du
hattest das Tuch abgelegt, denn Du wolltest Dich nicht länger verstecken, Dein
Haar nicht, Deine Augen nicht, und auch nicht Deine Liebe, zu dem, der Dich als
einziger überzeugen konnte.
Du hattest sie kennengelernt, all die Männer, die sich
aufspielten, vor den anderen, vor ihren Frauen und ihre Kinder ruhig hielten.
Du hattest es nicht glauben wollen, doch irgendwann legtest Du Deine Hände in
Deinen Schoß, und der Gedanke gefiel Dir nicht, der Gedanke, dass ein Mann
nicht mehr brauchte als ein Wickelkind. Satt, warm und trocken wollte er
liegen, um sich zufrieden grunzend zur Seite zu drehen und einzuschlafen.
Deshalb hatten sie Dich Hure genannt. Dabei hattest Du das
Eigentliche, das Schönste von Dir noch gar nicht geben können, weil sie es
nicht wollten. Niemand hatte je danach gefragt. Hätten sie nur fünf Minuten
länger hingesehen, dann hätten sie erkannt, doch sie waren gefangen in ihrer
eigenen, kleinen Zufriedenheit.
Alle waren sie so, bis auf den Einen, zu dem Du Dich jetzt
auf den Weg machtest.
Hure hatten sie Dich genannt, sie, die ihr Haar vor der
Sonne und den Blicken versteckten, sie, die ihr Gesicht verhüllten vor der
Welt, weil es ach so tugendhaft ist nichts zu sehen und nicht gesehen zu
werden.
Meine Schwestern, wolltest Du ihnen zurufen, seht ihr denn
nicht, dass die Tugend, die so hochgepriesen wird, und der Ihr Euch so
bereitwillig unterwerft, dass sie nur dazu dient Euch glauben zu lassen, dass
das was ihr mit Eurem Mann bekommt ein großes Geschenk ist, und im Endeffekt
ist es doch nicht viel mehr als nichts, aber ihr könnt es nicht sehen, hinter
dem Schleier, könnt es nicht verstehen, durch all die Phrasen, die sie euch
eingetrichtert haben, auf dass sie Euch den Verstand vernebeln.
Hure habt ihr mich genannt, und mir vorgeworfen, ich hätte
Euch Eure Männer weggenommen. Warum sollte ich das tun, wo sie doch alle gleich
sind, einer so leicht zu durchschauen wie der andere, einer in seiner
Bedürftigkeit so klein wie der andere? Von ganzem Herzen gönne ich sie Euch,
und werde sie Euch nicht streitig machen, wenn Ihr denn meint, dass Ihr an
ihnen etwas habt, wenn Ihr Eure Tugend als Gabe seht und die Vernebelung als
Geschenk.
Du wolltest sie alle nicht, die Dich um Deiner Weisheit
willen im Verborgenen um Rat fragten, die Dir in aller Heimlichkeit ihr Herz
ausschütteten. Doch der Dank reichte gerade bis zu dem Moment, an dem sie sich
zur Seite drehten und einschliefen, um sich am nächsten Tag zu denen zu
stellen, die Dich beschimpften und demütigten. Darin waren sie sich alle einig.
Alle waren sich einig, bis auf den Einen, zu dem Du Dich auf den Weg machtest, der als einziger Dein Herz rührte und Deine Seele befreite.