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Life is too short for boring stories

Pippa war mittlerweile 14 Jahre alt und wusste über die Art und Weise der Fortpflanzung bei Säugetieren Bescheid. So war es für sie klar, dass es eines männlichen und eines weiblichen Exemplars bedarf, wollte man Babies haben, doch als sie an jenem Mittwochvormittag, früher als geplant, aus der Schule nach Hause kam, wurde sie eines Besseren belehrt. Das erste, was ihr auffiel war, dass Lilly sie nicht am Tor erwartete, obwohl sie gemerkt hatte, dass Pippa kam. Deshalb ging sie in den Stall. Vielleicht hatte sich Lilly ja verletzt und konnte nicht aufstehen, doch was sie da zu sehen bekam, machte sie sprachlos.

Das, was die Aufgabe eines strammen Ebers sein sollte, wurde von einem Menschenmann in weißem Kittel übernommen. Er hatte den vierbeinigen Mädels ein komisches Gestell aufgesteckt und der Same floss von einem Fläschchen in die Scheide. Am liebsten hätte Pippa alles weggerissen und dem Mann um die Ohren geschmissen, aber da hätte sie ihren Freundinnen möglicherweise Schmerzen zugefügt. Stattdessen fragte sie nur:

„Macht es eigentlich Spaß den Vergewaltiger zu spielen?“, woraufhin sich der Mann langsam umdrehte, sie ansah, aus nichtssagenden, wässrigen, blassblauen Augen, müde den Kopf schüttelnd.

„Ich mache nur meine Arbeit, so wie jeder andere auch“, sagte er bloß und fuhr fort seine Folterübungen auszuführen.

„Spannend, dass man Vergewaltigung nun Arbeit nennt“, ließ Pippa nicht locker, in der die Wut brodelte, wie in einem Druckkochtopf, der kurz bevor stand zu explodieren, doch in diesem Moment kam Pippas Mutter herein, und zog sie vom Stall weg, über den Hof in die Küche.

„Wie kannst Du das nur zulassen?“, fragte Pippa fassungslos.

„Es ist die billigste Möglichkeit“, erklärte ihr ihre Mutter, „Und wenn wir nicht sparen, wo wir können, bringt das alles nichts ein. Ich wünschte, es wäre anders möglich.“

„Aber es wäre nicht nur, es ist anders möglich!“, entgegnete Pippa triumphierend. Nicht, weil sie wusste, dass sie recht hatte, sondern weil sie ihrer Mutter einen Weg zeigen konnte, der sie aus dem Rad aus Qual und Elend herausführte, in eine Lebenwirklichkeit, in der alle Lebewesen, die auf diesem Hof zusammenlebten, glücklich sein konnten.

„Und wie bitte soll das aussehen?“, fragte ihre Mutter, während sie sich müde auf der Eckbank niederließ.

„Du kennst doch den Hof von den Bleibtreus? Da dürfen die Tiere alle glücklich leben“, meinte Pippa. Natürlich wusste ihre Mutter darüber Bescheid. Wer nicht im Ort? Doch weiters streifte man daran nicht an, denn das waren die mit dem neumodischen Zeugs, die Zugezogenen, die nichts Besseres zu tun hatten, als alles, was bisher selbstverständlich war im Ort, in den Dreck zogen und modernisierten. Da galt weder Tradition noch Sitte. Die Bleibtreus selber waren zwar eine eingesessene Familie, doch die Maria jetzt mit dem Vegan-Hotel und dem Gnadenhof, hatte sich weit von der Dorfgemeinschaft entfernt. Das hatte sie sich selbst zuzuschreiben, denn das machte man eben nicht.

„Die tun sich leicht, die haben das Hotel dabei, aber wovon sollen wir dann leben? Hast Du darüber auch schon mal nachgedacht?“, fragte ihre Mutter, und es war Pippa, als wollte sie tatsächlich eine Antwort haben, weil sie selbst einen Ausweg aus diesem Rad suchte, das notgedrungen Leid und Missbrauch bedeutete. Und Pippa hatte tatsächlich eine Antwort.

„Es gibt in der Steiermark einen Hof, die bauen Kräuter an und leben gut davon“, erwiderte Pipa dementsprechend, „Und Du kennst Dich ja mit Kräutern so gut aus. All die Dinge, die Du machst damit, Medizin und Kosmetik. Warum das nicht geschäftlich machen?“

 

Und Pippas Mutter dachte nicht nur darüber nach, sie setzte es in die Tat um. Während Pippa im Gras lag, Lillys Bauch kraulend, konnte man die verschiedensten Produkte aus Kräutern unter dem Namen „Sophies Kräuter – Weisheit aus der Natur“ käuflich erwerben. Das Geschäft lief gut. Besser als gedacht. Nicht nur, dass sie davon leben konnten, es fiel noch nicht einmal auf, dass sich Pippas Vater während dieser Zeit aus dem Staub machte, weil er sich nicht mehr als Mann im Haus fühlte, der für den Lebensunterhalt sorgte. Es war nicht unerwartet gekommen, doch er hatte zumindest so viel Anstand gehabt so lange zu bleiben, bis sich die Familie finanziell selbständig, also ohne ihn, über Wasser halten konnte. Pippa und ihren Brüdern war es nicht sonderlich aufgefallen, nachdem ihr Vater zumeist mit Abwesenheit geglänzt hatte. Mehr noch, Pippa hatte sogar den Eindruck, als wäre es für ihre Mutter eine Erleichterung, denn nun musste sie ihn nicht auch noch mitbetreuen. Erst als die Sonne untergegangen war, stand Lilly schwerfällig auf und zog sich in den Stall zurück, während Pippa in ihr Zimmer ging. Wie lange es wohl noch dauern würde, bis Lilly ihre Babies zur Welt brachte?

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