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Life is too short for boring stories

Inspiriert von Kieran Halpin „Rolling the Dice“

Die Menschen, die die Prozession bildeten, hatten auf den umliegenden Bänken Platz genommen und warteten ab, während vor unseren Augen ein Bild entstand, gleich einer Projektion. Darin war ein Pokertisch auszunehmen. Er war beinahe voll besetzt. Bloß ein einziger Platz war noch frei. Neben dem Dealer saßen noch weitere neun Personen, ausschließlich Männer an dem Tisch, und es waren alte Männer, bis auf eine Ausnahme. Eine einzige Frau war unter ihnen, jung und hübsch wie das blühende Leben. Da trat vorsichtig ein etwas jüngerer Mann an den Tisch heran. Zaghaft stand er hinter dem freien Stuhl, als wüsste er nicht ob er sich nun setzen dürfte oder nicht.

„Warum zauderst Du denn immer so, Jesus? Setz Dich doch endlich hin!“, wurde der Unentschlossene aufgefordert, und wohl widerstrebend tat er es.

„Ich finde, dass das nicht richtig ist, was ihr da tut. Schließlich würfelt Gott nicht“, sagte er kopfschüttelnd, setzte sich aber doch nieder.

„Wir würfeln ja auch nicht, sondern spielen Kartenpoker. Das ist doch wohl ein kleiner Unterschied!“, merkte der Dealer an.

„Völlig egal. Seht doch nur worum ihr spielt. Ihr spielt um das Leben, das ihr selbst erschaffen habt!“, sagte derjenige, der mit Jesus angesprochen worden war. Tatsächlich lagen keine Jetons am Tisch, sondern es standen kleine Figuren darauf. Alle Lebewesen, die es auf der Welt gibt, fanden sich dort in Form dieser kleinen Figürchen, und tatsächlich wurden diese als Einsatz benutzt.

„Nein, nein, wir haben gar nichts geschaffen, aber Du bist einfach erst viel zu kurz da um das zu verstehen!“, entgegnete derjenige, der ihn aufgefordert hatte sich zu setzen.

„Dann erklär es mir!“, meinte Jesus unwirsch.

„Außerdem war er wohl allzu lange ein Mensch. Spannend eigentlich, dass sie ihn dann zum Gott gemacht haben. Wir hatten ja schon Vieles, seit unserer Erschaffung, aber das war doch noch recht selten!“, bemerkte ein anderer.

„Tu doch nicht so, als wenn Du schon so lange da wärst, Allah!“, merkte spöttisch ein anderer an.

„Hört mal, das ist doch kein Grund sich in die Wolle zu kriegen. Wir können alle nichts dafür, denn wann und wo uns der Mensch erschafft, kann doch niemand wissen“, versuchte der erste einzulenken.

„Aber Du, mein Vater, Du hast das Universum, die Welt und die Menschen geschaffen. Du bist Gott!“, ereiferte sich Jesus.

„Ich denke, wir sollten ihm endlich die Wahrheit erzählen“, merkte Gott an, „Aber das sollte derjenige tun, der schon am längsten da ist.“

„Nun gut, dann hör mal gut zu, Jesus, ich werde Dir nun von der Erschaffung Gottes erzählen“, ergriff nun die Frau das Wort.

Lesestoff für Liebhaber*innen von Mystischem und Skurrilem

Schattenraben

Anonym

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