Auf ein Gelingen zu vertrauen ist, als würde man es wagen, Utopien zu erdenken. Ein guter ist ein gelungener Ausgang. „Was, Du schreibst noch Geschichten, in denen es ein positives Ende gibt oder sich Probleme lösen lassen? Weißt Du denn nicht, dass es politisch völlig unkorrekt ist? Heute schreibt man Dystopien, die Menschen aufzeigen, wie schrecklich alles werden wird, damit sie sich fürchten und nicken, ja, so ist es und dem Gelingen endlich abschwören.“ Wir zitieren George Orwell und Aldous Huxley, aber keinesfalls Thomas Morus oder Tommaso Campanella. Zweiteres ist wohl nicht allzu verkehrt, sind doch all diese klassischen Utopien von Utopia bis zu Nova Atlantis getragen von dem Gedanken, dass man die Gesellschaft rettet, natürlich alles andere auch, indem man eine ganz bestimmte Struktur einführt. Sie sind besserwisserisch, paternalistisch, prätentiös und letztlich der hegemonialen Meinung gefällig. Aber deshalb das Gelingen ganz weglassen? Ist es denn tatsächlich besser, sich sagen zu lassen, in dystopischen Ausfällen, dass alles nur noch schlimmer und schlimmer wird?
Ja, wir haben Orwells Überwachungsstaat. Und weiter? Wir haben das Arbeits-Konsum-Entspannungs-Schema internalisiert, das Huxley propagiert, inclusive der Klassen-Gesellschaft, aber ist deshalb vorgezeichnet, dass es so bleiben muss? Orwells Held wird systemtauglich gemacht. Der von Huxley stirbt. Man weidet sich an den Dystopien, ergötzt sich an Untergangsszenarien, um sich zurückzulehnen, bequem und anheimelnd, und den Schreiberlingen Recht zu geben. Mit einer, Brechreiz auslösenden, Präpotenz wird verkündet, dass es nicht mehr zu ändern und das Gelingen eigentlich aus dem Wortschatz zu streichen ist. Es wird mir vorgeworfen, dass ich den Menschen Sand in die Augen streue, sie der Realität entfremde, die ich selbst nicht sehen will und es trotz allem wage, als würde ich mich erdreisten, dem zu trotzen, den Trotz der Unbelehrbaren und Unverständigen ob der wirklichen Verhältnisse und mich verweigern, indem ich das Gelingen nicht aus meinem Wortschatz streiche.
Wenn das Gelingen noch vorkommt, dann, wenn es bereits passiert ist, ein fertiges Gelingen.
„Es ist gelungen“, wird gesagt. Das allen Unkenrufen und Ablehnungen zum Trotz, dem getrotzt oder von jemanden inszeniert, die von all dem nichts wusste, nichts von der Unmöglichkeit und dem Verbot des guten Ausgangs.
„Es ist gelungen“, aber wer weiß, wie das zugegangen ist. Bloß mit viel Geld oder Einfluss oder sonstigen unredlichen Machenschaften, nur so kann es sein. Außerdem ist es nur eine Momentaufnahme. Morgen wird es schon wieder anders sein. Am 25. April 1974 steckten Aktivist*innen den Soldaten Nelken in die Gewehrläufe. Der Faschismus war beendet in Portugal. Eine friedliche Revolution. Sagte man. Eine linke Revolution, die das Militär angezettelt hatte. An einem Tag die Nelken in den Gewehrläufen. Das Regime war tot. Am nächsten Tag war es wieder erwacht und führt „Es ist ein Gelungen“ in ein „Es war eine Andeutung von Gelingen, das es nun nicht mehr gibt.“ Die Geschichte ist voll von Beispielen für ein „Es ist Gelungen“, das sich in Luft auflöste.
„Es ist gelungen“, kann auch ein Versehen sein oder es nahm niemand ernst. Egal, ob es nun geschieht oder nicht, weil es nichts ändert. Kleine Gelingen, die man hinnehmen kann, zur Not. Es berührt das Große nicht. Es darf sein, so lange das System nicht in Frage und in ein Gelingen geführt wird. Selbst der Versuch ist unstatthaft. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Durchaus kann das Gelingen auch als Parole entfremdet werden, damit es ohne das notwendige Vertrauen darauf auskommt.
„Es wird gelingen“, wird da getönt, „wenn Ihr meiner Partei Eure Stimmen gebt, denn die ist die einzige, die die Problemlösung an der Hand hat.“ Wie die aussieht? Unwichtig. Wichtig ist das Aufzeigen dessen, was ihrer Meinung nach passiert, wenn man nicht glaubt, an ihr Gelingen oder ihr Wollen. Propaganda von der übelsten Sorte nennt sich das.
„Afghane vergewaltigt Österreicherin“
„Tschetschene sticht Österreicher nieder“
Weil es in den entsprechenden Medien so betitelt wird. Wahlweise kann man hier einsetzen, wie viel Sozialleistungen die sog. Ausländer*innen beziehen und nichts arbeiten, aber Straftaten begehen. Niemals wird man jedoch lesen:
„Österreicher vergewaltigt Österreicherin“
„Österreicher sticht Österreicher nieder“
Da spielt die Nationalität plötzlich keine Rolle. Was den Eindruck hinterlässt, dass es Vergewaltigung, Mord, Totschlag, Hinterziehung von staatlichen Zuwendungen nicht mehr geben wird, wenn nur Österreicher*innen in Österreich leben.
Damit wird von den eigentlichen Problemen, dem alltäglichen Rassismus, der Vorverurteilung, der Unmöglichmachung zu arbeiten, wenn man noch auf den Asylbescheid wartet, abgelenkt. Es wird nicht hinterfragt, nur Verantwortung abgeschoben. Ist das eine Lösung? Verurteilungen, die dem mittelalterlichen Pranger in nichts nachstehen.
„Es wird gelingen“, wird weiters erklärt, wenn sich nur alle brav unterwerfen und wir die da oben machen lassen, ohne sich weiters darum zu kümmern.
Neugierig wie es weitergeht? Dann findest Du den zweiten Teil auf diesem Blog am 14. September.