„Mit so einem Idioten muss ich zusammenleben!“, tönt es da quer durchs Lokal. Es soll jede hören, wie schlecht es der Sprecherin geht, gefangen mit solch einem Menschen. In mir krampft sich alles zusammen und ich ziehe den Kopf ein. Auch, wenn es mich nicht betrifft. Es macht mich betroffen. Es ist nicht das erste und wird nicht das letzte Mal sein, dass ich so etwa erlebe. Gegenseitige Abwertung von Menschen, die in einer Beziehung stehen, einer intimen Liebesbeziehung in der Öffentlichkeit. Es sollen ja alle hören. Dann gehen sie nach Hause, schließen die Türe hinter sich und sind allein. Dann … Ja, was kommt dann? Ignoriert man diese Aussagen oder nimmt man es als gegeben hin, weil es eben so ist, wenn man doch schon so lange zusammen ist? Zuerst die Beschimpfung, dann das Bekenntnis, man liebt die andere, trotzdem. Warum eigentlich trotzdem?
Es ist halt so und muss so sein, wird mir erklärt. Muss so sein, so wie das, ich muss Dich aushalten, das soll dann Liebe sein?
Halt Dich da raus, das ist ihre Beziehung und jede handhabt ihre Beziehung eben anders. Ist dem so? Gibt es tatsächlich Beziehungen, in denen gegenseitige Abwertung als förderlich betrachtet wird?
Es kann sein, dass es so ist, dass es als normal empfunden wird und nicht weiters tragisch, das sich gegenseitig Runtermachen, die anhaltenden Vorwürfe und Anklagen. Es kann sein, dass es so hingenommen wird, aber ich will das nicht.
Beziehung, eine Form des Miteinander, in der ich mich auf Dich beziehe, so wie Du Dich auch mich. Achtsamkeit lasse ich walten, im Umgang, im Sprechen, im Tun, Dir gegenüber, so wie Du mir gegenüber, so dass wir nicht einschränken in den Lebensmöglichkeiten, sondern sie schaffen, Du für mich und ich für Dich, Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten, so dass wir aneinander wachsen und nicht verdorren, verblühen, verwelken. Ist es nicht viel schöner, wenn wir uns den Freiraum eröffnen, herauszufinden, was alles in uns steckt. Experimentieren mit den Potentialen, die in uns stecken. Einander zu bestärken im entdecken und ausleben dessen, was alles in uns schlummert. Deshalb nehme ich Dich an der Hand und wir gehen gemeinsam, tauschen uns aus, eröffnen einander unsere Gedanken, überdenken und ergänzen, so dass ich immer mehr von Dir verstehe, wie Du von mir. Vorsichtig zu sein, auch in unserem Urteil, in unserer Beurteilung, wenn es denn überhaupt notwendig ist. Es genügt doch, anzuerkennen, ohne anzumaßen. Frei zu sein in dem Gemeinsam, das fördert und belebt. Selbst zu sein, nichts verstecken zu müssen, weil wir uns sicher sein können, dass wir behutsam und heilsam miteinander umgehen.
Beziehung ist, wo ich die Lebendigkeit erlebe und das Lachen, das miteinander Reden und das gemeinsame Schweigen, wo die Trauer und der Schmerz angenommen werden, zu erleben, durchleben und zu überwinden.
Lebendige Beziehung ist Wertschätzung, Bedachtsamkeit, Verstehen, Annahme, Vertrauen und Vertrautsein.
Dort, wo ich meine, die andere abwerten zu müssen, um mich selbst größer, besser oder klüger zu fühlen, wird die Partnerin immer mehr beschnitten, eingezwängt und eingekerkert, bis die Luft zum Atmen ausgeht und nichts bleibt, als Leblosigkeit.
Deshalb nehme ich Dich an der Hand. Wir könnten ein Eis essen oder einfach Hand in Hand gehen, uns halten und bestärken, füreinander da sein und aneinander freuen. Dann werden wir miteinander mehr sein, als wir es ohne einander wären, in einer lebendigen, lebensspendenden und erweiternden, liebe- und verantwortungsvollen Beziehung.
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Wagst Du es, vom Apfel zu naschen?
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