Die weißen Vorhänge wehen im Sommerwind. Ganz in weiß das Zimmer, und wenn ich aus dem Fenster des Bungalows sehe, liegt die sonnenbeschiene Steinküste der Toskana davor. Sanft umweht mich die leichte Brise, spielt mit meinem Haar. Eines Tages war es gewesen, da bist Du in mein Leben getreten, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, hast es erfüllt mit Glück und Heiterkeit, hast Lebensfreude und Tatkraft in mich einziehen lassen. Ruhig und zurückhaltend war ich zuvor gewesen, doch Du hast mich mir entdecken lassen, Verborgenes entschleiert und mich wachsen lassen, weit über je Erahntes hinaus.
Eines Tages warst Du da, und hast mich geliebt, eine Ewigkeit lang, einen Tag, eine Stunde, eine Woche, einen Monat, oder nur einen Augenblick. Eines Tages war es, und eines Tages war es, dass Du nicht mehr da warst. Es gab keine Vorzeichen. Zumindest sah ich keine oder wollte keine sehen. Ich reagierte wie jede Verlassene, die nicht versteht, was Verlassen-sein heißt. Ich wartete, und das war lange, vielleicht auch nur ein Moment, doch es war, und es ging vorbei. Kann sein, dass ich noch immer warte, aber die Stunden normalisierten sich, und der Vorhang wird vom Wind gebläht, während ich an diese 48 Stunden denke, die wir hier verbrachten. Bloß 48 Stunden, die erfüllt waren vom puren Miteinander. Kein einziger Gedanken ging nach außen, kein Blick nach vorne oder zurück, nur Hier, nur Moment war, und es waren wohl die intensivsten Stunden meines Lebens, doch es war.
Wir fuhren wieder weg, von diesem Ort voll Sonne, Meer und Ruhe, zurück in die Normalität, in das Leben, das nun mal zu führen war. Eines Tages war alles voller Wonnen und Unumstößlichkeiten, und eines Tages war alles weg. Ich wartete. Du kamst nicht mehr. Ich wartete. Auf Dich. Vielleicht auch, dass der Schmerz nachließ. Es geht vorbei, heißt es doch immer, und die Zeit heilt alle Wunden. Aber der Schmerz lässt nicht nach und die Wunden heilen nicht. Ich lernte nur, damit zu leben. Es war gleichgültig, wo ich war. So zog ich hierher, eines Tages, mitten hinein in die Erinnerung des größten Glücks, um hinabzutauchen zum tiefsten Schmerz. Mein Mund war trocken, ausgetrocknet, denn ich dürstete nach Deiner Gegenwart wie die Erde bei Dürre nach Regen, doch es wurde besser. Ich schrieb Dir, von meinem Schmerz und meiner Sehnsucht, immer und immer wieder, und stapelte die Briefe sorgsam unter meinem Bett. Langsam gewöhnte ich mich an den Schmerz, und er versöhnte sich mit dem Glück, das ich haben durfte, versöhnte sich mit der Sehnsucht, die nun nicht mehr vermessen war, sondern genau bemessen. Manchmal denke ich noch daran, wie es war, in jenem Damals, und ich ertappe mich dabei, das ein kleines Lächeln über meine Lippen huscht, als wenn mir jemand anderer diese Geschichte erzählte, wenn sie noch jung und frisch ist und noch alle Hoffnung darin lebt. Ich habe keine Hoffnung mehr, lasse die Briefe unter dem Bett und weiß, dass es war, eines Tages, aber ich warte nicht mehr darauf, dass ich vergesse.
Es ist ein Teil meiner Geschichte, und meine Geschichte eliminieren, hieße mich selbst eliminieren. So lasse ich mich ein und gebe dem Gedanken Freiheit, wenn ich manchmal noch daran denke, dass es eines Tages war, dass Du kamst, und eines Tages war, dass Du gingst. Niemand trägt Verantwortung, noch weniger Schuld. Es war, und es war weder richtig noch falsch, weil was war, einfach war, so wie das ist ist und das sein wird sein wird. Es gibt keine Regeln, keine Hilfestellung, weder für das Glück noch für den Schmerz. Und die Wellen laufen träge am Strand aus, während ich mich entschließe, doch nochmal hinauszugehen, in denselben Spuren, demselben Weg folgend. Und dann ist dieses Manchmal, an dem ich noch daran denke.
Noch mehr rund um das Thema Liebe

Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten



Wagst Du es, vom Apfel zu naschen?
***