Als wir erwachten, aus der Selbstvergessenheit, und merkten was und wo wir waren, dass wir uns waren, da begannen wir zu analysieren, zu fragmentieren und zu argumentieren. Was eins war, gerade eben noch, zersplitterte in seine Einzelteile. Da war nicht mehr ein sich Bewegen, zu der Melodie, die unsere geworden war, aus Deiner und meiner, ein sich Einfinden mit aller Selbstverständlichkeit. Da ist die Melodie für sich, Deine und meine, die immer leiser wird, die Bewegung, Deine und meine, die sich verlangsamt bis sie fast erstirbt.
Als wir erwachten da sahen wir uns an, rückten wohl auch ein wenig voneinander ab. Etwas hatte sich verändert. Aber was war es? Ungläubig über das was mit uns geschah. Sollten wir uns unserer Liebe entsinnen? Sollten wir uns vergewissern? Aber wessen entsinnen, vergewissern? So war es der erste Misston, der sich einschlich, nach dem Erwachen. Die Melodien waren nicht mehr stimmig, und wir meinten natürlich, dass wir es waren.
Als wir erwachten, da war die Melodie gespielt. Es gibt nichts mehr zu tanzen, wo es keine Melodie gibt. Es gibt keine Melodie, wo es keinen Tanz gibt. Es war eben so. Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen. Nichts bleibt nichts. Wir nickten uns zu. Als wäre es ein Einverständnis. Langsam drehten wir uns voneinander weg, den einen Arm voneinander weggedreht, während die andere Hand noch mit Deiner verbunden war. Es ist so leicht eine Verbindung zu trennen, die sich nicht erzwingt.
Beinahe war es vollbracht. Eigentlich waren wir schon gegangen, wie das so üblich ist, da die Gedanken der Tat vorauseilen, nur dass sich unsere Finger noch berührten. Wie ein Versäumnis. Wie eine Mahnung. Da wir uns umwandten, wieder zueinander, denn so wie wir unsere Melodien ineinanderfügten, hatten wir sie entflochten und die Misstöne einziehen lassen. Aber war es denn das was wir wollten. Hatten wir uns zu Anfang eingegeben, fraglos, so meinten wir, dass wir es nicht mehr könnten, wenn wir fragten. Doch mussten wir es hinnehmen, einfach so?
Beinahe war es vollbracht, da ich mich doch noch einmal zu Dir umwandte. Ich sah, dass Du Dich ebenfalls anders besonnen hattest, dass sich unsere Blicke fanden, verhalten zwar, denn die Möglichkeit zu gehen, einfach so, hatte uns verunsichert. Vielleicht war es ja gewollt. Es wird nicht sichtbar, nur hörbar in den Misstönen, die sich in die Melodie zwängen, die bisher harmonisch war. Da spürte ich, dass sich Deine Hand wieder um meine schloss, wo sich zuvor nur die Fingerspitzen berührten, und die Bewegung kehrte zurück, in Dich und mich. Aufeinander zu, den Schritt wieder zu setzen, den zweiten Arm um Dich zu legen.
Da verstanden wir, mit einem Mal, dass die Melodie, die unsere ist, dort endet, wo wir sie enden lassen, weil wir den Tanz aufgeben, und wir keine Wahl haben als den Tanz aufzugeben, wenn wir unsere Melodie enden lassen. Doch wo wir uns in der Melodie fortschreiben, da wird der Tanz sein, und wo der Tanz ist, können wir die Melodie fortschreiben, die unsere ist. Bis zum Ende. Wer weiß das schon. Wer will das schon wissen. Aber es kann sein, wenn wir es wollen. Wenn wir es es sind.

Aus: Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten