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Life is too short for boring stories

Leo sah missmutig aus dem Fenster. Eigentlich hatte er sich das ganz anders vorgestellt, die Adventzeit. Aufs Rodeln und Eislaufen und Schneemann-bauen hatte er sich gefreut, gemeinsam mit seinen Freunden. Oder eine zünftige Schneeballschlacht veranstalten, aber für all das war es viel zu warm. Nicht das kleinste Schneeflöckchen hatte sich bis jetzt blicken lassen. Alles lag still und verlassen, doch vor allem so schrecklich grün da. Weiß sollte es sein. Als er sich bei seiner Mutter darüber beschwerte, zeigte sich diese zwar verständnisvoll, aber im Grunde war sie froh, dass es keinen Schnee gab.

„Wollen wir einen Spaziergang durch den Wald machen?“, riss Leo die Stimme seines Vaters aus seinen trübseligen Gedanken, „Da werden wir sicher Tiere sehen.“ Leos Vater wusste, wie sehr sein Sohn Tiere mochte. Für ihn stand schon fest, dass er einmal Tierarzt werden wollte, um allen Tieren helfen zu können.
„Glaubst Du denn, das wir welche sehen?“, fragte Leo unsicher. Die meisten der Wald- und Feldbewohner waren schließlich sehr scheu.
„Wir können es zumindest probieren“, meinte der Vater hoffnungsfroh, „Ich denke, es wird uns gelingen, wenn wir nur leise genug sind.“

Wenige Minuten später stapfte Leo an der Seite seines Vaters durch den nahe gelegenen Wald, doch so genau er auch Ausschau hielt, so sehr die Ohren spitzte, da rührte und regte sich nichts. Nach einer knappen Stunde meinte Leo, dass er jetzt genug davon hätte und wieder nach Hause wolle. Kein Schnee und keine Tiere, es war einfach nur mühsam. Schweigend trotteten sie nebeneinander her, als plötzlich, völlig unverhofft ein Feldhase ihren Weg kreuzte. Er hatte sich offenbar von irgendwo einen Leckerbissen stibitzt, den er jetzt eiligst in Sicherheit brachte. Versonnen sahen sie dem flinken Gesellen mit den langen Ohren nach.

„Du, Leo“, sagte der Vater, „Ich habe eine super Idee.“
„Sag schon, was soll das sein“, gab Leo skeptisch zurück, der nicht so recht glauben wollte, dass an diesem verpatzten Tag noch irgendetwas zu retten war.
„Warum behängen wir nicht einen Baum mit Leckereien für die Tiere? Hier am Waldrand?“, schlug der Vater vor.
„Das ist toll!“, stimmte Leo zu, „Und wenn wir diesen hier nehmen, dann kann ich von meinem Fenster aus die Tiere beobachten, die sich die guten Sachen holen. Komm, wir holen alles, was wir brauchen. Nüsse für die Eichkätzchen, Körner für die Mäuse, Karotten für die Hasen, Heu für die Rehe, und natürlich Vogelfutter …“

Einige Zeit später, nachdem sie alles, was sie brauchten, zusammengesucht hatten, waren sie am Baum und begannen die guten Sachen darauf und darunter zu platzieren.
„Hey, was macht ihr da?“, hörte Leo seinen besten Freund Bernhard sagen.
„Wir bringen den Tieren gute Sachen, dass sie einen schönen Advent haben“, meinte Leo, ohne in seiner Arbeit innezuhalten.
„Au ja, da mache ich auch mit“, meinte Bernhard spontan.

Immer mehr Menschen kamen mal so vorbei und fragten was da los sei. Allen gefiel es, so dass sie sich beteiligten und die Nachricht weitertrugen. Doch nicht nur an diesem Tag, an jedem einzelnen des Advent fand sich irgendeine andere Leckerei an oder unter dem Baum, so dass der Vorrat sich nicht erschöpfte. Und Leo konnte von seinem Fenster aus beobachten, wie Eichhörnchen und Hase, Reh und Maus, Amsel und Elster, Meise und Rotkehlchen. Da vergaß er sogar darauf, dass kein Schnee lag, so viel Freude hatte er daran, die Tiere zu sehen, die sich der Köstlichkeiten erfreuten. „Wie schön es doch ist, anderen Freude zu bereiten“, dachte er, als er seinen Beobachtungsposten verließ, weil es schon dunkel geworden war, gespannt darauf, welche Tiere wohl am nächsten Tag den Baum besuchen würden.

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