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Life is too short for boring stories

Christian setzte sich auf die Couch. Martinique auf den Boden. Das tat sie immer, wenn sie uneingeschränkt nachdenken wollte. Verbundenheit. Und wenn es nur der Boden eines Zimmers war.

„Früher war es ein Mysterium, ein Geheimnis“, begann Martinique sich und ihre Gedanken mitzuteilen, „Dann entdeckten die Menschen das Geheimnis, entmystifizierten es. Wir wissen nun um die Zusammenhänge und den Ablauf.“

„Das ist doch wunderbar, zu wissen“, meinte Christian.

„Natürlich ist es das“, bestätigte Martinique, „Doch was wurde aus dem Wissen gemacht? Das weibliche Tier wurde zur lebendigen Brutkammer degradiert, in der der Fötus bzw. Embryo heranreifte. Der normale Vorgang der Schwangerschaft und Geburt, wurde ihr entrissen und der Technik unterworfen. Damit zu einer männlichen Domäne. Das Baby zum Produkt und Eigentum des Schöpfers der Technik. Mit Ultraschall wird beobachtet wie es sich entwickelt, die Geburt unter Anleitung eines Arztes zu einem Vorgang, der keiner Einmischung der Gebärmaschine mehr bedarf. Sie wissen es besser.“

„Aber die moderne Medizin hat auch vielen geholfen“, warf Christian ein.

„Eine Frau wird schwanger“, erzählte Martinique, „Nach einem genauen Plan hat sie jedes Monat eine Ultraschalluntersuchung zu absolvieren. Damit man auch weiß, dass sich das Produkt in ihrem Körper entsprechend entwickelt. Und sollte die Mutter in einem Kulturkreis leben, in dem Mädchen unerwünscht sind, kann man nebenbei auch noch rechtzeitig das Geschlecht herausfinden, damit man es los werden kann. Dass die Fehlerquote relativ hoch ist, steht auf einem anderen Blatt, aber das fällt dann eben unter Kollateralschäden. Und am Schluss am besten ein Kaiserschnitt. Das kann man terminlich einteilen und die Frau kann schon ihren ersten Arbeitstag planen, den Eintritt in die Krippe, damit die Frau sich erst gar nicht einbildet, Mutter geworden zu sein und das Kind so schnell wie möglich dem staatlichen Erziehungssystem einverleibt wird.

 

Hennen in der Industrie sind Eierproduzentinnen. Jeden Tag legen sie ein Ei, das ihnen sofort weggenommen wird. Sie legen, weil ihnen Tag für Tag ihre Kinder entzogen werden, bis sich ihr Körper gänzlich verausgabt hat, bis sie aus Kalziummangel im wahrsten Sinne des Wortes zusammenbrechen. Und ihre Kinder hat sie nie gesehen.

 

Da geht es dem Mutterschwein schon viel besser. Festgehalten durch Eisengitter, hat sie immerhin ihre Babys neben sich, aber sie kann sie weder umsorgen noch sich um sie kümmern, denn sie darf sich nicht bewegen. Bloß ein Körper mit Zitzen dran. Eine lebende Säugemaschine, und sobald sie abgestillt sind, die Kleinen, kommen auch sie weg.

 

Die Kuh, mit bis beinahe zum Platzen gefüllten Brüsten, gebiert ihr Kind, das ihr sofort weggenommen wird. Es könnte ja auf die Idee kommen, an den Brüsten zu trinken. Nein, es könnte nicht, es macht es ganz sicher. Dabei wurde das Kalb doch nur gezeugt, dass die Mutter Milch hat, die für den Menschen bestimmt ist. Das Kalb muss sich mit billigem Milchersatz zufrieden geben.

 

Wir nehmen ihnen alles, ihre Würde, ihre Freiheit, ihre Selbstbestimmtheit und ihre Kinder. Weil wir es können, hinter verschlossenen Türen. Es soll keiner sehen. Und wer die Türen öffnet ist ein Verräter.

 

Bei Menschenmüttern muss man da schon ein wenig subtiler zu Werke gehen. Aus der Kontrolle der Schwangerschaft wird eine Möglichkeit das Wohl des Kindes zu überwachen. Entzieht sie sich, so ist sie verantwortungslos. Konnten die Frauen in den 70er Jahren noch sagen, ‚Mein Bauch gehört mir‘, besteht die Illusion zwar heute noch, weil sie nicht sehen, dass er längst zu einem Brutkasten auf zwei Beinen degradiert wurde. Erfolgreich wird ihr eingeredet, dass ihre innere Stimme, die ihr sagt wie sie sich fühlt, wie es ihrem Baby geht, sie trügt, bis sie darauf vergisst, dass es eine solche gibt und sich widerspruchslos dem Urteil der Maschinen überlässt.

 

Ich träume von einer Welt, in der Kinder bei ihren Müttern aufwachsen dürfen, so wie es sein soll, in der die Schwangerschaft und die Geburt das sind, was sie sein sollen, ein natürliches Geschehen, für das der Körper exzellent vorbereitet ist. Ich träume von einer Welt, in der die Technik als das gesehen wird, was sie ist, ein Hilfsmittel, wenn die natürlichen Mittel versagen. Ich träume von einer Welt, in der das Leben wieder sich selbst gehört.“

 

Und weil es so viel war, was sie in sich trug, setzte sich Martinique doch noch zu Christian auf die Couch, sich halten zu lassen. Es änderte nichts an den Tatsachen, aber sie waren leichter zu ertragen, miteinander.

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