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Life is too short for boring stories

Vor dem Anfang der Zeit war es, dass das Miteinander, das Du und ich sich fasste ohne zu halten, Wesen und Kontur aufwies, aber sich mit der Berührung anrühren und verändern ließ, nicht wahl- und strukturlos. Es war ein sich Schmiegen und Wahrnehmen in der Ganzheit, ein Grenzen ertasten ohne sie absolut zu setzen, ein fassbar sein ohne sich verknöchert endgültig festzulegen, ein stetes sich aufeinander zubewegen ohne zu vereinnahmen. Schwingend, tanzend, wiegend, aus den Ufern tretend und sich zusammenziehend, mit dem Puls des Lebens, mit dem Entwickeln gehen.

Vor dem Anfang der Zeit war es, und Gaja, die Allmutter, spürte das Leben, das aus ihr kam, das sie beherbergte und hütete, und doch nicht mehr ihr gehörte. Sie überließ es sich selbst, zufrieden dessen, dass es war, doch da war ein neuerlicher Vorstoß, und ihr Leib ward aufgerissen von einer neuerlichen Geburt, und die Zeit war, breitete sich aus und erfasste alles und jeden, unterwarf und beherrschte. Die Wasser des Lebens verebbten und die Schwere des eigenen Leibes, der sich nun fest um sich zog, wurde spürbar. Die ersten Schritte, wackelig, auf festem Grund. Die Leichtigkeit war verschwunden, zurückgeworfen auf die eigene Befindlichkeit, zurückgeworfen auf die Begrenzung der eigenen Leiblichkeit. Die Luft war kalt und die Hände gingen weg vom Du, schlossen sich und zogen sich zurück. Da war ein Leib in aller Kompaktheit und der Blick wanderte zu diesem, weg von Dir. Der Schmerz warf zurück auf die Eigensicht und auf das Ich. Einen Schritt zurückweichend.  Vermisst das Miteinander, vermisst die Selbstverständlichkeit des Gehalten-werdens und Haltens, und doch plötzlich bedacht das Eigene von Dir abzugrenzen, es Deinem Zugriff zu entziehen. Was zuvor noch da war, das allumfassende Vertrauen, dass Du Dich mir wohlwollend einbringst, war entschwunden, gänzlich. An seine Stelle trat das Misstrauen und die Entzweiung. Wehmütig wandtest Du Dich zurück und die Sehnsucht erwachte nach jenem Sein im Atmen vor der Zeit, doch es gab kein Zurück, seit die Zeit war und einzwängte in ihre unhintergehbare Linearität. Was vergangen war, blieb vergangen. Es ließ sich nicht mehr zurückholen, auch wenn Du nichts mehr tatest als am Ufer zu sitzen und Dich zurückzusehnen. So wandten sich manche nach vorne, stürmten los, um mit der Zeit zu laufen, doch sie entglitt ihnen. Sie war immer vorweg, und die Zukunft, das was immer vor ihnen lag, schien als das Erstrebenswerte, und so liefen sie, immer hinterher, bis sie nicht mehr konnten, bis sie sich gänzlich in dieser Sinnlosigkeit verfangen hatten ohne je etwas zu erreichen.

Vor dem Anfang der Zeit war es, das Miteinander, und als die Zeit ward, verloren sich manche im Vergangen und andere im Zukünftigen, doch Du und ich, Wir sahen einander an. Wohl stand das Befremden zwischen uns, doch wir wagten den Schritt aufeinander zu, wagten den Blick aufeinander und das Neuentstandene, reichten einander die Hände, nahmen feste Konturen und Grenzen wahr, und wagten des dennoch dem Du zu bleiben, und dem Puls des Lebens weiterhin zu vertrauen, auch wenn er leiser geworden war, fast unhörbar unter dem Ticken der allgegenwärtigen Zeit, auch wenn die Melodie, die uns getragen hatte, endgültig verklungen war, wir blieben, im Blick, im Takt, in Uns.

Vor dem Anfang der Zeit war es, und es konnte sein, nachdem die Zeit ward.

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2 Gedanken zu “Als die Zeit ward

  1. Rini sagt:

    hallo!

    Ich liebe diesen Artikel, darf ich den vielleicht auf meinem Blog teilen? Credits gehen natürlich an dich! 🙂

    1. novels4utoo sagt:

      Sehr gerne, wenn Du dazuschreibst, dass er von mir ist. Freut mich

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