„Manchmal ist es echt nicht einfach mit Dir!“, denke ich. Der Gedanke hat dann nicht nur ein, sondern drei Rufzeichen. Alles, was hörbar ist, ist ein tiefer Seufzer und ein Zerpflücken all dessen, was Du sagst. Egal, was es ist. Trotzdem bleibt der Gedanke, es ist nicht einfach mit Dir. Und ich spüre, wie ich wütend werde und meiner Wut Raum gebe. Es ist das verkrampfte Festhalten an einem Gedanken, der sich nun mal festgekrallt hat, wie eine Zecke auf der Haut und alle Klarheit und Fairness aussaugt, so dass nichts bleibt, als eine Bestätigung dafür, dass es nicht einfach ist mit Dir. Ich spüre dabei, wie sich meine Hände zu Fäusten ballen und mein Nacken verspannt wird, so eisern halte ich an diesem einen Gedanken fest, an diesem Zeckengedanken. Als könnte ich ihn nie wieder loslassen, als ließe er mich nie wieder los. Hämisch grinsend gibt er mir zu verstehen, er hat den Gewinn davongetragen, den Gewinn über alle klaren Überlegungen, alle Entspanntheit und Unbekümmertheit. Denn eigentlich, eigentlich liebe ich Dich, genauso wie Du bist. Und das ist ganz und gar nicht schwierig.
„Du bist nicht einfach!“, wiederum in Gedanken mit drei Rufzeichen, aber bloß im Gedanken, denn ausgesprochen wird auch dieser Satz nicht, ist die Steigerung oder eigentlich schon der Kulminationspunkt zu ersterem Satz. Denn, wenn es „mit Dir nicht einfach ist“, so ist das momentane situationsbedingte Gegebenheit, aber dieses „Du bist“ schreibt Dir eine unabwendbare Eigenschaft zu, ein Makel, den Du nicht loswirst, weil es eben mit Deinem Sein verbunden ist. Der Zeckengedanke wird zu einem Furunkel, das ekelerregend meinen Blick auf Dich trübt. Er steht zwischen Dir und mir. Ich will ihn nicht sehen, und doch tue ich in dem Moment nichts anderes, als darauf zu starren, wie hypnotisiert. Er schiebt alles an Reflektiertheit und Bedachtheit beiseite, dessen ich doch im Normalfall durchaus fähig bin. Dabei müsste ich mich nur umwenden, den Gedanken gehen lassen, loslassen, um zu sehen, wie es wirklich ist. Denn eigentlich, eigentlich liebe ich Dich, genauso wie Du bist. Und das ist ganz und gar nicht schwierig.
Wenn Du Dich zu mir setzt, mich in den Arm nimmst und ich einfach bei Dir ankomme, entspannt alles Vorgefasste und Störende fahren lasse, dann weiß ich, es ist weder einfach noch schwierig mit Dir. Das sind die völlig falschen Kategorien, sondern es ist wie es ist. Und ich wünsche mir, dass Du weißt, dass Du offen und frei und sein kannst, genauso wie Du bist, weil ich Dich so kennenlernte und Du mich als Du selbst überzeugtest. Manchmal ist es mir nicht klar. Es verschwindet im Nebel einer Vergessenheit, der selbst das übersehen lässt, worauf es wirklich ankommt. Es ist nicht einfach und auch nicht schwierig, sondern einmalig, denn so wie unser Miteinander ist, kann es nur sein, weil Du bist, wie Du bist und ich bin, wie ich bin. In aller Schlichtheit. Fast schon banal wunderschön. Denn eigentlich, eigentlich liebe ich Dich, genauso wie Du bist und wie Du mir als Du bist. Und das ist schlicht und einfach einmalig.

Aus: Geschichten über die Liebe und andere Absonderlichkeiten