novels4u.com

Life is too short for boring stories

Sie hatte es satt. Heute würde sie sich endgültig trennen. Tränen hin, Kummer her, das würde sie nicht mehr rühren. Aber warum sollte es ihr gerade heute gelingen? Mindestens drei Anläufe hatte sie bereits unternommen, und jedes Mal hatte er es geschafft sie umzustimmen. Aus bloßem Mitleid hatte sie zuletzt immer wieder nachgegeben, weil sie ihn ja doch gernhatte und sie ja doch eine gute Zeit erlebt hatten. Wie aus dem Nichts tauchten in solchen Momenten immer nur die schönen Bilder vor ihrem geistigen Auge auf. Verdammt sollte ihre Erinnerung sein. All das, was sie so wütend machte, was ihr zeigte, dass diese Beziehung keine Zukunft hatte, war jedes Mal wie weggewischt. Und zuletzt nahm sie ihn in die Arme und stimmte zu es nochmals zu probieren. Dann lachte er wie ein kleiner Junge, war aufgedreht und glücklich. Und sie wollte die Menschen glücklich machen, die sie gernhatte. Doch allzu bald schon fing alles wieder von vorne an. Er redete immer nur von sich und zeigte keinerlei Interesse an dem, was sie beschäftigte, so lange es nichts mit ihm zu tun hatte, war ignorant und dumm. Das war immer deutlicher zu Tage getreten. Selbst ihrem verliebten Hirn konnte das nicht länger verborgen bleiben. So war sie festentschlossen, auch noch, als er zur verabredeten Zeit erschien.

Eine kurze Umarmung, ein Küsschen auf die Wange. Dann wandte er sich auch schon den Kochtöpfen zu.

„Was hast Du denn Leckeres gekocht?“, fragte er.

„Serviettenknödel und veganes Gulasch“, erwiderte sie kurz, „Hör mal, ich habe großartige Neuigkeiten …“, fuhr sie fort, oder versuchte es zumindest.

„Großartig“, unterbrach er ohne weiteres Aufheben ihren begonnenen Satz, „Also ich sag Dir, da war wieder was los heute. Zuerst war die Sache mit der kaputten Toilette. Ich in den Baumarkt. Also so was von Inkompetenz, das kannst Du Dir nicht vorstellen …“ In dieser Art und Weise ging es weiter. Eigentlich kannte sie es, aber an diese Aufzählung von Nebensächlichkeiten würde sie sich nie gewöhnen. Obwohl sie sein Geplapper in gewisser Weise faszinierend fand. Wie konnte man sich nur so lange und so breit über Nichtigkeiten auslassen, ohne sich selbst zu langweilen? Und wenn schon das nicht, nicht merken, dass man den anderen damit auf die Nerven ging. Während er so vor sich hin schwafelte, deckte sie den Tisch und sie begannen zu essen.

„Ich muss mit Dir was Wichtiges besprechen“, versuchte sie das Wort an sich zu reißen.

„Also und dann hat das nicht gepasst, stell Dir das mal vor …“, sprach er jedoch unbeirrt weiter.

„Würdest Du mir fünf Minuten zuhören?“, war es nun an ihr ihn rüde zu unterbrechen. Es war normaler Weise nicht ihre Art laut zu werden, doch sie hatte gar keine andere Chance.

„Ok, ich höre ja schon zu“, versuchte er zu beschwichtigen. Selbst ihm schien zu dämmern, dass sie es tatsächlich ernst meinte.

„Wir sind ja jetzt schon einige Zeit zusammen“, begann sie vorsichtig.

„Ja, fast zwei Jahre“, warf er ein und schnitt sich ein Stück vom Serviettenknödel ab.

„Und ich muss Dir gestehen, dass ich mich nicht …“, sprach sie weiter, doch weiter kam sie nicht, denn sie wurde schon wieder unterbrochen.

„Autsch“, sagte er laut und griff sich ungeniert in den Mund, aus dem er einen glänzenden Gegenstand beförderte. Verdattert sah sie ihm zu. Was war da bloß in ihren Serviettenknödeln gelandet? Eiskalt durchfuhr es sie, als sie erkannte, worum es sich handelte. Penibel säuberte er das Harte, auf das er gebissen hatte und besah es sich eingehend.

„Ich halte es nicht aus“, entfuhr es ihm unwillkürlich, „Auf was für Ideen Du kommst! Ich habe ja schon immer gewusst, dass Du eine emanzipierte Frau bist, aber dass Du dafür so weit gehst, das wäre mir im Traum nicht eingefallen. Und dann noch so unkonventionell, in einem Serviettenknödel. Du machst mir einen Antrag!“ Mit diesen Worten steckte er sich den Ring an den Finger, „Schau mal, er passt perfekt.“ Es fiel ihm noch nicht einmal auf, wie sie langsam verfiel. Normalerweise entfernte sie ihre Ringe immer, wenn sie im Teig wühlte. Diesmal hatte sie offenbar darauf vergessen. Er musste ihr vom Finger gerutscht sein.

„Und ich hatte schon gedacht, Du wolltest wieder mit mir Schluss machen und dann so eine Überraschung. Und ja, ich will Dich heiraten!“, strahlte er sie an.

„Wie schön“, erwiderte sie resigniert, „Das ist genau das, was ich wollte.“

Aus: Alles ganz normal. Geschichten aus dem Leben

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: