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Life is too short for boring stories

Eigentlich wollte ich nur rasch etwas aus der Küche holen und mich dann wieder hinter meinem Laptop verschanzen. Du saßt auf der Couch und sahst mich an, mit diesem durchdringenden Blick, bei dem es mich nicht wundern würde, wenn er mir irgendwann ein Loch in die Haut brennen würde.

„Was ist los?“, fragte ich, den Laptop lassend und alles andere, denn ich wollte es wissen.

„Als wenn Dich das interessieren würde!“, erwidertest Du spitz, und spätestens jetzt wusste ich, dass es galt behutsam vorzugehen.

„Du weißt doch ganz genau, dass es mich interessiert“, erklärte ich, „Sonst würde ich Dich nicht fragen?“

„Ach ja? Du siehst mich gar nicht mehr“, meintest Du. Es war offenbar schlimmer als befürchtet.

„Wenn ich Dich nicht sehen würde, dann hätte ich auch nicht bemerkt, dass etwas nicht stimmt“, versuchte ich Deinen Bemerkungen mit Logik beizukommen. Hatte ich denn noch immer nicht gelernt, dass dies der völlig falsche Weg war?

„Ja, vielleicht. Und dann nur aus Höflichkeit. Aber so richtig, nein, sonst würdest Du Dich zu mir setzen“, sagtest Du.

„Wenn Du möchtest, dass ich mich zu Dir setze, dann tue ich das gerne“, gab ich zurück, Und ich tat es tatsächlich und legte den Arm um Deine Schulter, zog Dich an mich und gab Dir ein kleines Küsschen auf die Nase, doch statt eines Lächelns, das ich mir denn doch erwartet hatte, schobst Du Dich weg.

„Aber auch nur, weil ich es sage. Von alleine kämst Du nie auf die Idee. Und das sagt mir, dass Du es gar nicht willst. Du brauchst nichts zu tun, was Du nicht willst“, meintest Du, während Du Deinen Körper angriffslustig spanntest.

„Das macht doch keinen Unterschied. Wenn Du das willst, dann kannst Du es sagen. Und dann mache ich es auch gerne“, versuchte ich mich stur weiter an stringenten Gedanken.

„Das macht sehr wohl einen Unterschied!“, braustest Du auf, „Du weißt, dass ich es will. Ich brauche das nicht zu sagen, und wenn ich es sage, dann machst Du es, weil ich es sage. Nie kommst Du selbst auf die Idee.“

„Aber woher soll ich wissen was Du willst, wenn Du es nicht sagst?“, fragte ich stirnrunzelnd.

„Weil Du das zu wissen hast. Als ob das so schwer wäre“, erklärtest Du mir.

„Da müsste ich doch Gedanken lesen können“, sagte ich, und konnte mir dabei ein Lächeln nicht verkneifen.

„Wie lange kennst Du mich jetzt schon? Und überhaupt, Du nimmst mich nicht ernst. Du nimmst überhaupt nichts ernst, und das in Deinem Alter. Es würde Dir wohl anstehen das Leben und überhaupt alles endlich ernst zu nehmen“, meintest Du, und bei der Wortwahl „wohl anstehen“ musste ich unwillkürlich lachen.

„Was ist jetzt daran so lustig? In der Welt gibt es so viel Elend. Wir haben Sorgen und Probleme, und Du lachst? Hast Du denn überhaupt keinen Sinn fürs Praktische?“, fragtest Du, immer erzürnter.

„Wenn ich jetzt ernst schaue, ändert das irgendetwas am Elend oder an den Sorgen oder an den Problemen?“, fragte ich.

„Nein, es geht nicht ums ernst schauen, sondern ums ernst nehmen“, entgegnetest Du wie aus der Pistole geschossen. Es wirkte wie eingelernt. Und irgendwoher kam mir das auch bekannt vor, als hätten wir dieses Gespräch so oder so ähnlich schon einmal geführt.

„Nur, weil ich nicht ernst schaue, heißt das noch lange nicht, dass ich es nicht ernst nehme“, erklärte ich, „Aber egal wie ich schaue oder sonst was, es ist schön, dass Du da bist und dass es Dich gibt in meinem Leben.“ Sprachs und startete einen neuen Versuch Dich in den Arm zu nehmen. Diesmal ließt Du es geschehen. Auch einen Kuss nahmst Du an. Vielleicht sollte ich das Leben ab und an ein wenig ernster nehmen, zumindest die Erkenntnis, dass es in bestimmten Situationen zielführender ist den Weg der Empathie als den der Logik einzuschlagen.

Aus: Alles ganz normal. Geschichten aus dem Leben

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