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Life is too short for boring stories

Mia & Max wuchsen wohlbehütet auf, kamen in den Kindergarten und dann in die Schule. Immer waren sie zusammen, teilten Freud und Leid. Es kam vor, dass Mia unterschwelligen, manchmal sogar oberschwelligen Anfeindungen ausgesetzt war, aber immer war Max da, der für sie eintrat. Andererseits gab es genügend Kinder und Eltern, denen Mias Hautfarbe egal war. „Haltet Euch an die“, rieten die Erwachsenen und das taten die beiden Kinder. Endlich war das letzte Schuljahr in der Volksschule gekommen. Völlig überraschend ging die Lehrerin, die Mia & Max durch die gesamte Volksschulzeit begleitet hatte, in Pension. Krankheitsbedingt, hieß es offiziell. Doch es kursierten jede Menge Gerüchte, dass die Direktorin eine junge Kollegin aufnehmen wollte, die alles daran setzte, gerade in dieser Schule zu arbeiten. Es gab allerdings keinen Platz für sie. Deshalb wurde dieser gemacht.

Bereits am zweiten Tag, den die neue Lehrerin unterrichtete, zeigte sich, dass sie einen tiefen, inneren Groll gegen Mia hegte. Sie machte ihr das Leben schwer, wo sie nur konnte und machte sie vor der ganzen Klasse herunter. Einmal, als es so schlimm war, dass Mia in Tränen ausbrach, nahm Max sie spontan in den Arm, um seine beste Freundin zu trösten. „Das gibt ein Disziplinarverfahren“, polterte die Lehrerin los, die mit solch einer Solidaritätsbekundung wohl nicht gerechnet hatte. Sowohl Nia als auch Sandra wurden zur Direktorin zitiert. „Ich weiß ja nicht, was für Untriebe in Ihren Häusern herrschen, aber diese Sexualisierung in völlig unangebracht in einem Klassenzimmer“, warf sie den erstaunten Müttern an den Kopf. „Was ist an einer Umarmung sexualisierend?“, fragte nun Sandra. „Kinder in dem Alter umarmen sich nicht so“, erklärte die Direktorin, „Wie dem auch immer sein mag, Mia ist von jetzt an suspendiert. Das würde ein völlig falsches Bild übermitteln, wenn wir das durchgehen ließen.“ Damit war das Gespräch beendet. „Ich werde Max auch aus der Schule nehmen“, meinte Sandra, die die Welt nicht mehr verstand. So kamen die beiden auf eine Montessori Schule, die frei war von rassistischen Allüren.

Doch mit 18 trennten sich die Wege von Mia und Max, zumindest in Hinsicht der Ausbildung. Mia begann an der TU, Max an der Boku zu studieren. Eines Tages ging Max mit einer Studienkollegin auf eine Party. Das Mädchen schien eloquent, charmant und weltoffen zu sein. „Vielleicht könnte da mehr daraus werden“, dachte Max bei sich, denn schließlich studierten sie dasselbe und so mussten sie dieselben Interessen haben, zumindest teilweise. Damit ging er automatisch davon aus, dass sie auch in ihren Weltanschauungen übereinstimmten. Doch er wurde eines besseren belehrt. Sie kamen bei der Party an, besahen sich die Gäste und endlich entdeckte Max Mia, die sich bereits ausgezeichnet zu amüsieren schien. Zumindest war sie in ein angeregtes Gespräch vertieft. „Mia?“, sagte er schüchtern und es klang wie eine Frage. Die bezog sich nicht darauf, dass er sich nicht sicher war, ob sie es wäre, sondern ob ihre Freundschaft noch immer so tief und innig wäre wie vorher, doch aus Mias Reaktion konnte er eindeutig ersehen, dass dem so war. In dem Moment, in dem sie ihn erkannte, ließ ein spontanes Lachen ihr Gesicht erstrahlen, so dass sie aufeinander zugingen und sich umarmten. Beide wussten, diese, ihre Freundschaft war etwas ganz besonderes, ganz gleich, wie oft sie sich sahen oder wie weit sie sich voneinander entfernten. „Es tut so gut, Dich wiederzusehen“, sagte Max. „Ach tatsächlich?“, hörte er in dem Moment eine schneidende, doch bekannte Stimme hinter ihm. Instinktiv ließ er Mia los und wandte sich seiner Begleiterin zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass Du Dich mit Bimbos einlässt“, erklärte sie gehässig, „Und das, wo Du mich als Begleiterin mit hast.“ Max sah sie an, als könnte er nicht glauben, was er da hörte. Hatte er tatsächlich bis vor wenigen Minuten angenommen, dass diese Frau für ihn interessant sein könnte? Hätte er denn je vermutet, dass sie hinter ihrer netten, ansprechenden Art einen solch abgrundtiefen Rassismus verborgen hielt? Obwohl, inzwischen müsste er sich daran gewöhnt haben. Diese Art der Diskriminierung ist immer und überall anzutreffen. Es galt ihm entgegenzutreten, wo immer er auftauchte. Deshalb straffte er die Schultern, nahm Mia an der Hand und wandte sich der Frau zu, in deren Begleitung er zu der Party gekommen war. „Das ist Mia, meine Freundin“, meinte er und sah ihr dabei unverwandt in die Augen, „Sie ist kein Bimbo, sondern eine tolle Frau, die ebenso hier ihre Heimat hat, wie Du. Was Euch jedoch unterscheidet ist, dass sie Herz und Hirn hat. Was Dir offensichtlich gänzlich fehlt.“ Doch diese Abfertigung schien sie kalt zu lassen. „Ich bin im Recht“, erklärte sie, „Schwarze sind keine Menschen. Wir sind die Herrenrasse und deshalb gehören sie alle weg.“ „Die einzige, die hier weggehört, bist Du“, erklärte die Gastgeberin in aller Ruhe. Sie hatte alles mitangehört. Wutschnaubend verließ die Angesprochene die Party.

„Man kann sie vertreiben, ihnen Paroli bieten, aber wir werden sie wohl nie ganz los“, meinte Max. „Vielleicht, aber deshalb ist es desto wichtiger, Rassismus zu bekämpfen, wo immer er uns begegnet, nicht zuzusehen, nicht zuzulassen, darum geht es“, meinte die Gastgeberin. Es tat gut zu wissen, dass es auch solche Menschen gab. Mehr als man hoffte, manchmal.

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