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Life is too short for boring stories

Wie oft habe ich es schon versucht zu sehen. Wie oft habe ich schon versucht Dich zu sehen. Und habe es doch nicht geschafft mir selbst zu entfliehen. Wobei, entfliehen ist schon ein sehr hartes Wort in diesem Zusammenhang, denn sollte es mir tatsächlich gelingen mir selbst zu entfliehen, wie die Verfolgte ihrer Verfolgerin, wenn es möglich wäre mich vor mir zu verstecken, unauffindbar, es wäre fatal, weil es ab und an vorkommt, dass ich meiner eigenen Person und deren Anwesenheit bedarf. Wenn ich mich dann so gut vor mir selbst versteckt hätte, dass ich mich selbst nicht mehr fände, wenn ich mich verlegt hätte, ohne gelesen zu werden, wenn ich mich gänzlich bei Seite gelegt hätte, so wäre das Ziel wiederum verfehlt, denn ich könnte Dich dann erst nicht mehr sehen. Dich sehen, Dich wahrnehmen, als Du selbst, das kann ich nur mit mir selbst, durch mich selbst, aber nicht, indem ich mich selbst sehe und Dich daneben, sondern quasi einen Raum in mir eröffne, den schönsten, den ich in mir finde, Dich eintreten zu lassen und willkommen zu heißen. Das wäre es, Dich zu sehen, doch ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich Dich in mir gespiegelt sehe, Zerrbild Deiner selbst, Abrissbild einer für wahr erachteten Sicht.

Du bist es nicht, muss ich dann immer wieder feststellen. Als erst, als ich nicht sah, dass es an mir lag, da war es vorwurfsvoll gemeint, wenn ich sagte, Du bist nicht Du als Du selbst, wenn Du hier bei mir bist. Bis ich es endlich begriff, Du bist nicht Du, wenn Du hier bei mir bist, weil ich es nicht zulasse, dass Du Du bist und nicht nur die Reflexion meines Hier-seins oder einer Illusion. Täuschung nennen wir das dann, klagen an, Du hast mich getäuscht über Dein wahres Wesen, und dabei waren wir es immer selbst, Täuschung, an uns selbst, so geschickt und versteckt, dass wir an die Schuld der anderen glaubten, ja, uns derer gewiss wähnten. Und so schnell verliert man sich, nicht selbst, sondern in sich selbst, als erst in der Spiegelung und dann in der Selbsttäuschung. Der Wahn nimmt mich fest in den Arm, drückt zu, bis mir die Luft wegbleibt, und ich die Scheuklappen nur desto enger schnalle, desto tiefer mich in mir verkrieche. Mich nicht verlierend und doch in mir verloren, sehe ich nichts und niemanden mehr, im Verließ der Selbstherrschaft und in der eigenen Geiselhaft. Doch ich will Dich sehen und Dir Raum sein und Dich ankommen lassen, und gleichzeitig beutelt mich die Angst vor dem Verlust. Wo ich Dich gewinne, verliere ich mich, vielleicht ein wenig, zumindest so weit wie der Raum, den ich eröffne. Sanft nimmst Du mich bei Seite und weist mich darauf hin, doch es wird immer die Möglichkeit bleiben zu verlieren, wie auch immer Du es wendest, immer kannst Du verlieren. Du kannst Dich aber an Dich selbst verlieren und dann ist es nichts weiter als ein Verlust, denn Du kannst nichts gewinnen. Wenn Du Dich aber an mich verlierst, diesen einen Teil, dann wirst Du vielleicht diesen verlieren, aber Du kannst gewinnen, denn Teil von mir, den ich Dir eröffne und in dem ich mich Dir schenke. Eine Option, wohl erwägenswert, und es klingt so zugänglich und machbar, wenn Du das so sagst, aber es ist so schwer, so unendlich schwer, wenn man gewohnt ist zu halten, was man hat, denn wann man loslässt, dann hat man es nicht mehr, ganz gleich was zu gewinnen ist. Am Anfang steht der Verlust, und wer weiß ob er ausgeglichen wird. Du garantierst mir doch nicht dafür, niemals gibt es eine Garantie, und deshalb halte ich lieber fest und stehe mir selbst im Weg und spiegle Dich in mir, und höre dennoch nicht auf mich zu wundern warum ich Dich nicht verstehe, und warum Du so weit weg bist, und warum Du nicht Du selbst bist. Trotz allem verbleibe ich vorsichtig und ängstlich in mir selbst und gebe mich mit dem Trugbild zufrieden, denn das, das ich mir selbst bastle, das machst Du mir nicht kaputt, zumindest, wenn ich fest genug die Augen zumache und daran glaube, und dann tut es auch nichts mehr, wenn Du nichts weiter bist als eine Spiegelung in mir.

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2 Gedanken zu “Spiegelungen

  1. oma99 sagt:

    „… sondern quasi einen Raum in mir eröffne, den schönsten, den ich in mir finde, Dich eintreten zu lassen und willkommen zu heißen.“
    Ja, machen wir und Beide sind erfüllt. Kein Verlust, nur Gewinn für Beide.
    Danke,

    1. novels4utoo sagt:

      Genau so ist es!

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