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Life is too short for boring stories

Wäre ich nicht praktisch in Dich hineingelaufen, sondern hätte Dich rechtzeitig gesehen, so hätte ich mich in irgendeiner Kabine versteckt oder in einem Geschäft, in das Du garantiert nicht gehen würdest, wie einen von diesen Maskierungs- und Verschönerungsläden, aber ich konnte mich nicht retten. Wahrscheinlich war ich auch unaufmerksam. Einkaufszentren sind kein Ort, an dem ich mich wohlfühle und deshalb meide ich sie gut es geht. Ich wusste, dass Du genauso denkst und deshalb hatte ich auch gar nicht damit gerechnet, Dir ausgerechnet hier zu begegnen. Es war zu spät um auszuweichen, auch Deinem Blick. Ich hatte Dich nicht mehr sehen wollen, nie wieder, wobei selbst das noch zu früh wäre, hatte ich zumindest gemeint.

„Ich denke, ich habe mir eine Erklärung verdient“, sagtest Du, als wir bei einem Kaffee saßen, zu dem Du mich überredet hattest, wobei das Überreden darin bestanden hatte, dass Du meine Hand nahmst und mich hinbrachtest. Und Du hattest natürlich recht.

„Es fing alles damit an,“, begann ich ein wenig umständlich, „dass Du mir schriebst, Du wolltest mit mir nicht auf diese Veranstaltung gehen.“

„Genau“, bestätigtest Du, „und ich habe Dir meine Absage auch begründet, weil es mir wirklich nicht gut ging. Du hast dann im ersten Schritt auch besonnen reagiert. Bloß ein paar Tage später kam dann Dein Nie wieder. Und das habe ich nicht verstanden.“

„Dabei ist es gar nicht so schwer“, konnte ich mich nicht enthalten, anzumerken, obwohl es für jemanden, der nicht in meinem Kopf zu Hause ist – was die Wenigsten sind, eigentlich jede*r, außer mir -, nicht leicht sein dürfte, „Du hast geschrieben, Du willst mit mir dort nicht hingehen, weil es Dir nicht gut ging. Das nahm ich im ersten Moment zur Kenntnis. Dann fiel mir ein, dass Du in letzter Zeit einige Verabredungen abgesagt hattest. Aus den verschiedensten Gründen. Das waren Einzelfälle, aber wenn ich jetzt darüber nachdachte, dann schien sich ein Muster zu ergeben, und das hieß, Du willst Dich mit mir nicht mehr sehen lassen. Du würdest es – so dachte ich weiter – so lange machen, bis ich aufgab, auch Dich. Oder einfach langsam in Vergessenheit geraten lassen. Du wolltest mich loswerden, nur dass Du es mir nicht direkt sagtest. Das machte mich wütend. Konntest Du das nicht ehrlich und offen sagen? Na warte, ging es mit meinen Gedanken stringent, wie ich meinte, weiter, bevor Du es mir sagst, sage ich es Dir und zwar ein für alle Mal und für immer. Und das schrieb ich Dir dann.“

„Nichts davon habe ich gesagt oder auch nur gedacht“, erwidertest Du kopfschüttelnd, wodurch mir bewusst wurde, dass Du den Weg, den meine Gedanken eingeschlagen hatten, keineswegs als folgerichtig, schon gar nicht stringent, ansahst. Und auch mir wurde bewusst, dass es nicht die Wahrheit war, zumindest nicht die ganze. Ich erkannte vielmehr, dass ich all diese Konstruktionen nur aufgebaut hatte, um etwas anderes zu verbergen, auch vor mir selbst. Jetzt, da ich diese abbaute und wegräumte, stieß ich darauf.

„In Wahrheit hatte ich Angst und habe sie immer noch“, gab ich zu, selbst erstaunt, „Ich merkte, dass ich begann mich zu verlieren, in Dir. Ich dachte an Dich und erzählte Dir, auch wenn Du nicht da warst. Du hast mir gefehlt. Das war nicht gut. Es war allerhöchste Zeit, den Notknopf zu drücken. Das war möglich, so lange ich meine Gefühle hinter einem hohen Berg an Wut und Ärger verstecken und ich mir einreden konnte, Du bist schuld.“

Du sagtest nichts, sondern nahmst mich einfach in den Arm. Ich merkte, wie ich den Groll losließ und meinen Kopf auf Deine Schulter sinken ließ, wie es gut tat, von Dir gehalten zu werden. Als Du mich losließt, wieder, da sah ich Dir in die Augen.

„Und genau das ist meine Angst“, gestand ich, Dir und mir, „Dass Du mich hältst und ich Dich vermisse, wenn Du mich nicht hältst und wenn Du nicht da bist, dass es mir weh tun wird, wenn Du gehst. Und es wird der Tag kommen, an dem Du gehst. Dann werde ich dasitzen mit meiner Sehnsucht und meiner Verwundbarkeit, nur dass Du mich dann nicht mehr in den Arm nimmst, um sie zu heilen, so wie jetzt.“

Langsam strich Deine Hand über meine Wange. Du widersprachst nicht, weil es nichts zu widersprechen gab.

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