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Life is too short for boring stories

Lena meinte im ersten Moment, sie würde träumen, so schön war das Angebot, das sie erhalten hatte. Konnte sie es denn annehmen? Sie atmete einmal tief durch und beschloss dann anzunehmen, was ihr das Leben zugetragen hatte.

„Das klingt wunderbar!“, entgegnete Lena freudestrahlend, „Mein Name ist übrigens Magdalena.“ Ja, sie hatte Magdalena gesagt, ihren richtigen Namen, nach 50 Jahren, weil sich das nach richtigen, gemeinsamen Leben anfühlte.

„Ich heiße Sophie“, entgegnete die junge Frau und reichte Magdalena die Hand. Und das Zimmer, das sie bekam hatte einen Balkon.

Magdalena zog ein, in ihr neues zu Hause mit Balkon. Ein kleines, helles Zimmer. Endlich hatte sie auch wieder eine Aufgabe im Leben, konnte Sophie entlasten und hatte viel Freude daran sich mit Isabella zu beschäftigen, mit einem Mädchen, das eigentlich gar nicht hätte leben dürfen. Niemals würde sie eine Leistung erbringen, eine Schule besuchen oder einen Beruf ergreifen, was eben landläufig als Leistung erachtet wurde. Aber sie war ein lebensfrohes, glückliches Mädchen, trotz allem. Sie brachte Sonnenschein und Heiterkeit in das Leben aller, die mit ihr in Berührung kamen. Nur wollte niemand mit ihr in Berührung kommen. Egal, wo sie hinkamen, die Menschen wichen aus, wechselten die Straßenseite, verließen die Bank. Es war ihnen suspekt, unheimlich, die alte Frau und das verkrüppelte Mädchen.

Alter, Armut, Hässlichkeit, Krankheit gilt es zu meiden, in einer Gesellschaft, in der nichts sein dürfte, als Jugend, Reichtum, Schönheit und Gesundheit. Es gemahnt zu sehr an die Hinfälligkeit und den Tod, daran, dass wir nicht alles im Griff haben. Als wäre es ansteckend, schon von der Ferne. Und dann erst die Reputation. Man wird nach dem eingeschätzt, mit wem man sich abgibt. „Wir haben nichts zu schaffen, mit solchen Leuten“, heißt es dann. Isabella war ein kluges Mädchen und sie merkte es, die Reaktionen der Menschen. Sie wollten es nicht sehen, nicht wissen, dass es das auch gab, Menschen wie Isabella. In einer Welt, in der jede*r nach seinem Nutzen beurteilt wird, dürfte es solche Menschen auch gar nicht geben, nichts geben, was nicht nützlich ist, nützlich für die Spezies, die in ihrer grenzenlosen Arroganz ob ihrer angeblich so überragenden Intelligenz, alles zerstört, dessen sie habhaft wird.. Natur darf nicht einfach sein, weil sich Leben darin tummelt, sondern sie muss Holzlieferant oder Ackerfläche oder Abbaugebiet oder Weideland sein. Und während all die Bäume gefällt wurden, die Stadt sich immer mehr aufheizte, weil man nicht bedacht hatte, dass Bäume auch die Hitze verhindern oder zumindest eindämmen. Die Reichen fahren in die Berge. Dorthin, wo es noch kühl ist. Oder am Wörthersee zum Privatstrand. Und während immer mehr Menschen die Lebensgrundlage entzogen wird, weil ein kleiner Teil der Menschheit die Ressourcen exzessiv ausbeutet, ziehen diese sich in ihre sicheren Domizile zurück. Die Mauern sind gezogen. Niemand kommt herein. „Selbst schuld“, wird dann angemerkt, während man mit Champagner anstößt und sich nicht darum schert, dass das überflutete Land, die sich ausbreitende Wüste, aus der die Menschen fliehen, weil sie sonst verhungern oder ertrinken müssten, von ihnen verursacht wurden. Macht ja nichts. Es gibt keinen direkten Rechtsanspruch.

Magdalena ging mit Isabella in den Park. Inzwischen war das Mädchen 15 Jahre alt, las viel und schien mit ihrem Leben zufrieden zu sein, auch wenn sie nach wie vor ziemlich isoliert war. Da kam ein Junge auf sie zu, ungefähr im selben Alter wie Isabella. Er wirkte ein wenig schüchtern, aber dennoch sprach er sie an.

„Hallo! Ich bin Stefan“, stellte er sich vor.

„Hallo! Mein Name ist Isabella“, entgegnete diese, „Und das ist Magdalena.“

„Ich wollte fragen, ob Du bei unserer Demo dabei sein magst. Ich habe Dich hier so oft gesehen und ..“, offensichtlich wusste er nicht weiter, aber Isabella half ihm.

„Das ist eine wunderbare Idee“, sagte sie.

Und so gingen die beiden mit, in einer Gruppe, der es egal war ob sie alt oder jung, krank oder gesund waren, wo nur der Mensch zählte, so wie er war. Auch das kann es geben. Vielleicht ist es doch noch nicht ganz verloren, das Klima, das soziale, das politische und das ökologische.

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