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Life is too short for boring stories

„Ich muss mit Dir reden“, hattest Du begonnen, damals. Wobei dieses Damals gerade mal drei Tage her war. Lange Zeit schon hattest Du Dich damit getragen mir das zu sagen, eben das, was Du mir zu sagen hattest, und noch länger war dieses Unwohlsein in Dir gewesen. Zuerst nur marginal, bloß so wie ein kleines Zwicken, das sich ab und zu bemerkbar machte. Dazwischen war es wieder gut. Wie eine Krankheit, die sich durch kleine Vorzeichen ankündigte. Aber aus diesem Zwicken war ein Schmerz geworden, einer, der sich mit der Zeit nicht mehr ignorieren ließ. Es war der Schmerz dessen, der verliert. Dann war Dir allerdings noch nicht klar was Du verloren hattest. Es war nicht Deine Brieftasche. Nicht Dein Autoschlüssel. Es war überhaupt nichts, was irgendwo lag, wo man einfach vergessen konnte wo dieses Wo war. Es war überhaupt kein Ding.

Vielmehr war es ein Verlieren von etwas, das man sich auch nicht selbst beschaffen konnte. Eines Tages war es da gewesen. Nein, nicht einfach da. Es hatte sich aufgebaut, damals, als wir uns gefunden hatten. Nach und nach. Mit dem Kennenlernen, dem Einander-lernen. Da war es mit aufgeblüht. Immer weiter. Trieb Blätter und Blüten, und Du erfreutest sich daran. Doch wie viel davon war echt gewesen, und wie viel einfach Interpretation, Interpretation eines Wollens. Du hattest es Dir gewünscht, dass es das geben könnte. Es ist schwer zu unterscheiden zwischen der Realität und der Vorstellung, wenn man sich etwas wünscht. Vielleicht war das Miteinander, unser Miteinander viel mehr Dein Wunsch als die Realität, doch jetzt hattest Du es verloren. Nicht nur die Blüten waren vertrocknet, auch die Blätter und die Äste. Kahl und verdorrt war es in Dir. Es begann damit, dass unsere Gespräche zur Routine geworden waren. Alles Alltag. Nun, das war wohl so üblich, denn irgendwann läuft das Leben wieder in seiner Schiene und es gibt nichts Neues mehr. Jeder Tag kommt einem gleich vor. Dieselben Fragen. Dieselben Antworten. Waren wir nicht früher spritziger gewesen, engagierter? Waren wir es uns nicht mehr wert, die Mühe auf die Frage einzugehen, die Antwort zu verstehen. Da begannen auch die Lügen, wenn man sagte, es ginge gut, aber es war nicht so. Es ist das Zeichen dafür, dass man sich einander nicht öffnen will. Nicht mehr. Du bist es mir nicht mehr wert. Vage erinnertest Du Dich daran, dass es einmal anders war. Auch daran, dass wir miteinander gelacht hatten. Jetzt blieb Dir das Lachen im Hals stecken. Es gab nichts mehr zu lachen, und wenn, dann verhalten. Es machte Mühe zu erklären. Auch das Lachen. Und doch schmerzte es, das Verlieren. So wie wir es nicht geahnt hatten, dass wir zueinander fänden, so hatten wir es auch nicht geahnt, dass es auseinanderging, so schnell. Wir hatten das eine nicht gewollt, und das andere nicht gesucht. Es passierte – und es lässt sich nicht ändern. Warum also an etwas festhalten, was nicht mehr wächst und nur mehr schmerzt?

„Ich muss mit Dir reden“, hattest Du begonnen, damals, Wobei dieses Damals gerade mal drei Tage her war, „Ich habe Dich verloren und finde Dich nicht wieder.“ Es kam stockend. Du wolltest mir nicht weh tun, aber Du wusstest auch nicht wie es mir ging, denn wir hatten nicht darüber gesprochen, noch nicht. Ich nickte bloß und wartete, dass Du weitersprachst, nur die Knöchel an meinen Fingern waren weiß geworden, so sehr verkrampften sie sich um den Griff der Tasse. „Wir haben einander verloren. Ich weiß nicht wann und wo, nur dass es so ist. Es schmerzt. Aber etwas Totes kann man nicht mehr zum Leben erwecken.“ Wiederum nickte ich nur, doch Du wusstest nicht ob ich Dir zustimmte oder ob es nur ein kleines Zeichen dafür war, dass ich Deine Worte verstanden hatte. Sachte stelltest Du Deine Tasse ab und gingst. Ich sagte immer noch kein einziges Wort, nur das Klirren der Tasse hörtest Du, als Du die Türe hinter sich schlosst.

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