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Life is too short for boring stories

Wo wart ihr, Seine Jünger, als Er sich hinabbegab in die tiefste aller Verlassenheiten? Wo habt ihr, Seine Jünger, euch versteckt, zitternd und ängstlich, als Er den Tod starb, der alle anderen umfasst? Wo warst du, Simon Petrus, als Er sich der Unausweichlichkeit überließ? Wo warst du, Simon Petrus, du Fels, der beim kleinsten Windhauch zu Sand zerbröselt? Wo wart ihr, Seine Jünger, die ihr zuvor große Töne gespuckt habt?

Versteckt habt ihr euch, die Türe verschlossen, wie eure Herzen, eure kleinen, furchtsamen, zitternden Herzen, und verbarrikadiert, wimmernd und klagend. Doch es war nicht Sein Schicksal, sondern eures, das ihr beweintet. Orientierungslos wart ihr, wie eine Herde Schafe, der der Hirte abhandengekommen war.

Nur Du, Du wandtest Dich nicht ab, denn Dein Herz war groß und stark. Als Du am nächsten Morgen aus Deiner Ohnmacht erwachtest, und sahst, dass auch die Nacht aller Nächte, ihr Ende fand, und das Leben obsiegte, Leben, das Er verhieß.

„Bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus.“, hast Du Ihm zugesagt, hat Er von Dir angenommen. Du hast Wort gehalten und gingst „weit darüber hinaus“, zum Grab, in das man ihn gelegt hatte, doch der Stein, der den Eingang verschloss, war weggerollt und Sein Leichnam verschwunden. Und die Tränen liefen Dir über das Gesicht. Sollte das nun wirklich das Ende sein? Solltest Du Dich wirklich so geirrt haben? Solltest Du wirklich so getäuscht worden sein? Dein Herz sagte etwas anderes. Allem zum Trotz. Wolltest Du Dich wirklich vom bloßen Anschein irreführen lassen?

Als Du aufsahst, stand ein Mann vor Dir, den Du zunächst für den Gärtner hieltst, denn Dein Blick war durch die Tränen getrübt.

„Sag mir wohin Du Ihn gelegt hast, Ihn, den meine Seele liebt!“, sagtest Du, nein fordertest Du.

„Maria.“, sagte Er, nichts weiter, und doch hatte nur Einer Dich je auf diese Art angesprochen, hatte nur Einer auf diese einfache Weise Dein Herz berührt und gerührt.

„Du lebst und bist bei mir. Bis zur Unausweichlichkeit und weit darüber hinaus.“, sagtest Du, und Dein Herz ging über vor Freude.

„Ja, bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus. Du hast Wort gehalten, als Einzige, Wort gehalten.“, sagte Er, und schloss Dich in die Arme, küsste Dich auf den Mund, und eine wunderbare, ungeheure Kraft, floss von Ihm zu Dir, eine Kraft, die alle menschliche Kraft bei Weitem überstieg.

„Doch Du darfst mich nicht halten, denn ich bin noch nicht zum Vater heimgekehrt. Aber gehe und erzähle es meinen Jüngern, dass ich lebe.“, forderte Er Dich auf und ging, ohne wegzugehen, verließ Dich ohne Dich je wieder zu verlassen.

Er ging mit Dir, so wie Du mit Ihm, bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus, mit der Kraft, die Er Dir schenkte, und die Dich nie wieder im Stich ließ.

Wie sonst hättest Du es ausgehalten? Du bist zu den Jüngern gegangen, hast gesagt, was Er Dir aufgetragen hatte, doch sie glaubten Dir nicht. Erst als die Zeichen gut standen, wagten sie sich heraus aus ihrem Loch und verkündeten die Botschaft, als hätte es Dich nie gegeben. Du warst die Erste, der Er erschienen war, doch das war ganz schnell vergessen. Du warst die Einzige, die mit Ihm gegangen war, bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus. Abgestritten und abgedrängt ward Deine Größe, Dein Glaube und Deine Liebe. Was blieb und weitergegeben wurde, war ihre Feigheit, ihre Kleingläubigkeit und ihre Ängste. Ob Er das so gewollt hatte?

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