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Life is too short for boring stories

Es wird viel diskutiert, mal durchdacht und konstruktiv, mal voller Eifer, bis hin zum missionarischen, und impulsiv, doch es geschieht. Denn wir leben in einer Demokratie und haben Meinungsfreiheit, können sagen was wir wollen, wo und wann immer wir wollen. Da gibt es auch keine Tabus und kein heißes Eisen, das nicht angefasst werden dürfte, denn wir leben in einer säkularen, aufgeklärten Gesellschaft. Warum nur lassen wir es dann zu, Glaubenssätze eingetrichtert zu bekommen, die niemand mehr hinterfragt, weil es eben so ist? Warum nur lassen wir uns, scheins willenlos, auf Nebenschauplätze, bis hin zur Bundespräsidentenwahl und Opernball, abschieben und hinterfragen es nicht? Weil wir geübt sind, in Gehorsam und Unterwürfigkeit.

Wir glauben an den Kapitalismus und den Markt, der alles regelt und jedem dieselben Chancen einräumt. Dennoch ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Kinder vom ersten Moment ihres Lebens stigmatisiert sind, durch den Ort ihrer Geburt. Das kann natürlich niemand ändern, ob jemand Kind eines Multimillionärs oder eines Sozialhilfeempfängers ist, aber was sich ändern ließe ist die selektive Auswahl mit Eintritt in die Schule. Die Schule dient nicht der Bildung, höchstens der Ausbildung, sondern der sozialen Selektion. Wer nicht die Möglichkeit hat von den Eltern unterstützt zu werden, hat weniger Chancen im Leben. Und damit sind noch nicht die Nachhilfestunden gemeint, sondern der ganz normale Umgang im ganz normalen Leben in einem Akademikerhaushalt oder einem anderen. Statt das Ziel zu haben, allen Kindern das Handwerkszeug mitzugeben, das sie für ein selbstbestimmtes Leben benötigen, wird auf soziale Selektion, Unterwürfigkeit und Fehlervermeidung gesetzt. Statt sich dem Kind zu widmen, widmet man sich der Bürokratie. Schreiben, Lesen, Rechnen und eigenständiges Denken, das wäre das Mindestmaß. Kein Schüler dürfte die Schule verlassen ohne über diese Fertigkeiten zu verfügen. Doch daran besteht kein Interesse. Vielmehr werden gehorsame, obrigkeitstreue Bürger herangezogen. Und es scheint gut so zu sein. Deshalb werden an den Schalthebeln der Macht auch morgen die Kinder derer sitzen, die es schon heute tun, und das Heer der Bildungsverlierer wird immer größer. Denn es gibt keine Arbeitsplätze mehr für die, die nicht die entsprechende Qualifikation haben. Wir wissen das alles, und doch, wir ändern es nicht.

Es fehlt der politische Wille, heißt es. Die Parteien werden sich nicht einig. Seit Jahren, wenn nicht schon seit Jahrzehnten wird über eine Schulreform debattiert, aber es gibt keine Ergebnisse. So wird es uns präsentiert, doch in Wahrheit ist der politische Wille eindeutig. Und gerade weil Einigkeit besteht, ändert sich nichts. Denn es soll alles so bleiben wie es ist. Lasst die Kinder in Schulkasernen, mit genau reglementierten Zeiten für sämtliche Verrichtungen. In einem freien Land sind die Schulen der letzte Ort, an dem ich jemanden ungestraft sagen darf wann er seine Notdurft zu verrichten hat. Aber es soll so bleiben. Gehorsam, obrigkeitstreu die Schüler, bürokratieüberlastet und frustriert die Lehrer. So passt es, denn wenn dem nicht so wäre, dann könnte ihnen einfallen, dass sie sich diese Form der Demokratie, wie wir sie praktizieren nicht mehr länger gefallen lassen, bei der dem Wähler aller vier Jahre Honig ums Maul geschiert wird, bis zum Versenken der Stimme in der Urne, auf dass sich die Gewählten die nächsten vier Jahre gütlich tun können. Das muss man akzeptieren. Nein, muss man nicht. Mehr direkte Demokratie, mehr Möglichkeiten, dass sich der Souverän Gehör verschafft und korrigierend eingreift. Dann wäre auch wieder das Interesse da sich mit politischen Themen auseinanderzusetzen und sich in den demokratischen Prozess einzubringen. Und die Schmarotzer unserer Gesellschaft könnten nicht mehr länger leben wie die Maden im Speck.

Je, es gibt sie, die Schmarotzer in unserer Gesellschaft, und dabei denke ich an all jene, die viel verdienen und deren Tätigkeit nicht nur keinen Nutzen für die Gesellschaft haben, sondern ihr sogar schaden. Hedgefonds Manager zum Beispiel. Schmarotzer, die Wirtschaft und Gesellschaft zersetzen, nach gelungener Arbeit mit horrenden Abfertigungen abziehen und Trümmer hinterlassen, die andere wieder zusammenbauen müssen. Manager, die nicht den Unternehmen verpflichtet sind, nicht den Arbeitnehmern oder der Gesellschaft, sondern nur den Aktionären, die immer höhere Gewinnzahlen sehen wollen, immer höhere Renditen erwarten und das Kapital dann dem Unternehmen entziehen. Gespart wird bei den Arbeitnehmern, bei den Arbeitsbedingungen, bei den Löhnen. Und es wird brav hingenommen. Denn einer der Glaubenssätze, die wir fraglos übernehmen, ist die Notwendigkeit eines Wirtschaftswachstums.

Wohin soll die Wirtschaft wachsen? Wie viele Ressourcen sollen noch verschleudert werden? Wer soll das alles noch kaufen? Während die Gehälter dieser Schmarotzer ins Unermessliche steigen, während sich die großen Konzerne ohne viel Federlesens der Steuerlast entziehen, wird jede kleine Rechnung eines klein- und mittelständischen Betriebes unter die Lupe genommen, wird jeder Kleinverdiener doppelt belastet, durch den Abzug der direkten Steuern und die Mehrwertsteuer. Denn wer wenig verdient muss das Verdiente zwangsläufig in Konsum investieren. Und dieser Konsum kostet, nicht nur den Wert des Produktes. Aber große Vermögen, große Erbschaften dürfen nicht doppelt belastet werden. Konzerngewinne dürfen nur den Aktionären zu Gute kommen. Doch selbst ein Konzernchef wird einmal die Dienste einer Krankenschwester in Anspruch nehmen, die einen Bruchteil von dem verdient, was er verdient, deren Tätigkeit jedoch gesellschaftlich sehr viel wertvoller ist. Doch vor allem werden all die Menschen in helfenden und heilenden Berufen sofort zur Rechenschaft gezogen, wenn etwas schief geht. Verantwortung wird eingefordert. Doch wenn die Schmarotzer und Krebsgeschwüre unserer Gesellschaft Milliarden versenken, dann wird auch Verantwortung eingefordert, doch nicht von denen, die den Schaden verursachten, sondern von der Allgemeinheit.

Nach wie vor sind wir bereit Parteien zu wählen, die eine Politik betreiben, die 90% der Menschen immer ärmer und 10% immer reicher macht. Nach wie vor sind wir bereit eine Wirtschaftsform zu unterstützen, die Verantwortungslosigkeit und Zerstörungswut forcieren und Tätigkeiten, die helfend, heilend, unterstützend und erziehend wirken in den Niedriglohnsektor anzusiedeln, wenn nicht gar in die Ehrenamtlichkeit. Nach wie vor lassen wir es zu, dass keiner der sog. Verantwortungsträger wirklich Verantwortung übernehmen muss.

Wir spielen mit. Gegen die eigenen Interessen. Warum? Weil wir gelernt haben unterwürfig und gehorsam zu sein. Dafür dürfen wir alle vier Jahre ein Kreuzerl machen. Und was machen wir in der Zwischenzeit? Vielleicht darüber Gedanken wer Bundespräsident wird.

Das Leben literarisch ergründen

Ungezähmt. Anleitung zum Widerstand

Die Pianobar

Der Weg ist das Ziel ist der Weg

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9 Gedanken zu “Untertänig und gehorsam bis zum letzten Atemzug

  1. molefran sagt:

    Ja, du hast Recht. Es ist ehrlich gesagt ziemlich traurig, dass viele da immer wieder „mitspielen“. Muss aber gestehen, dass ich glaube, das Viele gar nicht weiterdenken, als bis zu ihrem Portemonnaie.

    Zum Thema Bildung: Ich habe es gerade erst bei meinem großen Kind gesehen, wie effektiv die Selektion funktioniert. Um wieviel größer die Chancen der Kinder sind, die aus sogenannten „Besserverdienenden“ Haushalten stammen. Und auch beim Thema Steuernzahlen stimme ich dir zu. Wie kann es sein, dass internationale, große Konzerne hier millionen Erwirtschaften, ohne dafür Steuern zu bezahlen, während KMU’s hier laufend zur Kasse gebeten werden. Dabei sollen ja gerade die KMU’s und die dazu gehörenden Fachkräfte das „Rückrat“ der deutschen Gesellschaft sein.

    Ein Beispiel ist mir gerade besonders in Erinnerung zum Thema Bezahlung: Wenn ich mich Recht entsinne, dann bekommt der Vorstandschef von VONOVIA über 4 Mill. Euro im Jahr. Ich frag mich da, wofür? Dafür, dass die Mieter immer höhere Mieten zahlen? Das Wohnungen geschaffen werden, die sich bestenfalls noch 30 – 40% der deutschen Bevölkerung leisten können? Wobei ich von Verstaatlichung auch nicht unbedingt etwas halte.

    Folgsam, untertänig, gehorsam hat man uns Deutschen schon lange nachgesagt. Stimmt ja leider auch. Wird Zeit, dass sich das ändert.

    1. novels4utoo sagt:

      Das gilt übrigens für Österreich genauso. Was die Managergehälter betrifft, so wurde das immer damit gerechtfertigt, dass sie ja Verantwortung trügen. Wenn man sich aber anschaut, wie diese aussieht, nämlich, dass sie ein Unternehmen in den Ruin reiten, alle anderen baden es aus und sie kriegen noch eine fette Abfertigung. Zum Thema Steuern: Ja, der Klein- und Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, das gilt sowohl in Deutschland als auch in Österreich. Die Sache ist nur die, dass sich die Konzerne die Politik kaufen. Sie drohen mit Abzug der Produktionsstätten und schon kriechen alle vor ihnen im Staub. Dazu kommt noch die Konkurrenz der Länder untereinander, die diese Firmen haben wollen. Deshalb überbieten sie sich alle mit Steuerzuckerln. Aber auch jeder kleine Hackler (Arbeiter*in) zahlt mehr Steuern als beispielsweise Ikea. Trotzdem kaufen wir fleißig ein. Es wäre ein Erwachen notwendig – aber es spielen halt die meisten mit, so lange es ihnen einigermaßen gut geht, also zumindest ein bisschen besser als dem Nachbarn. Viele Chancen, die wir uns entgehen lassen – schade drum. Ich hoffe, es kommt eine Generation, die das durchschaut.

      1. molefran sagt:

        Schmunzel … Und den Konkurrenzkampf machen die Firmen sich gerne zu nutze.

        hhmm .. die Hoffnung habe ich auch noch. Ich bin aber ein bisschen skeptisch und zwar insofern, dass ich dieses „Nicht-Nachdenken“ selbst bei meinen Kindern immer wieder sehe. Es geht auch bei ihnen leider immer wieder darum: Wie stehe ich in der Clique da, und … und .. und.

      2. novels4utoo sagt:

        Ja, das machen sie – aber die Zauberformel wäre, kauf regional, saisonal und nur was Du brauchst.
        Hoffnung bleibt, und ich bin ja in einer NGO ehrenamtlich tätig und da sehe ich doch auch viele engagierte junge Menschen. Das ist es, was mir Hoffnung gibt – und ja, es gibt auch die anderen, die unreflektierten und Main-Stream-Shopping-Junkies. Es wird ihnen aber oftmals auch vorgelebt. Fraglich, ob man die erreichen kann. Aber wie gesagt, es gibt auch die anderen.

      3. molefran sagt:

        „aber die Zauberformel wäre, kauf regional, saisonal und nur was Du brauchst.“ … Stimmt!

  2. oma99 sagt:

    gut formuliert, Daniela – ich würde dies gerne als Gastbeitrag mit entsprechender Verlinkung auf meinem Maulaufreiß-Blog bringen https://maulaufmachen-blog.jimdofree.com.

    Der Text sagt so einfach und zwingend logisch das, was gesagt werden muß.
    Gruß, Nadine

    1. novels4utoo sagt:

      Das freut mich, dass Du es so siehst, und ja gerne, bediene Dich. Es ist mir eine Ehre dort erscheinen zu dürfen. Es ist immer sehr spannend, was Du schreibst.

  3. mattacab sagt:

    Alles was Sie beschreiben -Sind Sie selber 😉 Reflektierte Reflexionen in einer Illusion!

    1. novels4utoo sagt:

      Spannende Interpretation – die Höhle des Platon. Doch wer von uns sitzt wirklich drinnen?

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