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Life is too short for boring stories

Immer noch lag Martinique sicher und geborgen in Christians Armen. Immer noch war sie froh, dass die kleine Meerjungfrau und alle anderen Mitgefangenen im Schleppnetz, entkommen konnten, während sie unwillkürlich daran dachte, dass ein abgeschnittenes Netz doch nicht mehr als den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein bedeutet. Wie viele dieser Netze wurden gerade in diesem Moment durch die Weltmeere gezogen, um alles zu zerstören, was ihnen in die Fäden kam, um die Gier der Menschen zu befriedigen. Alles so weit weg, in einem Bereich, der uns unzugänglich ist. Deshalb berührt es auch die wenigsten. Allerdings würde es uns irgendwann berühren. Spätestens dann, wenn die Meere als Sauerstofflieferanten ausfallen werden und wir regelrecht ersticken. Aber wozu braucht der Mensch Sauerstoff, wenn er Arbeitsplätze hat? Dafür gibt es sicher auch irgendeine technische Lösung.

„Du, ich sollte heute meinen Onkel besuchen“, sagte Christian unvermittelt, „Ich würde Dich ja mitnehmen, wenn Du möchtest, aber ich glaube, es würde Dir dort nicht gefallen.“

„Warum meinst Du?“, fragte Martinique, die sich eigentlich darauf eingerichtet hatte, auch diesen Tag mit Christian zu verbringen. Wer wusste schon wie oft sie noch die Gelegenheit haben würden, dies zu tun.

„Mein Onkel ist Aquarist, also zumindest bezeichnet er sich als solchen“, erklärte Christian, „Er ist, um es euphemistisch zu sagen, ein wenig schräg.“

„Ich denke, ich würde mir das gerne mal ansehen“, erwog Martinique nachdenklich, „Ich kenne niemanden mit gefangenen Fischen.“

„Wie Du möchtest, aber sag hinterher nicht, ich hätte Dich nicht gewarnt“, meinte Christian.

„Gib es zu, Du willst mich einfach nicht dabeihaben, damit ihr einen Männertag machen könnt“, sagte Martinique herausfordernd.

„Männertag, was soll denn das sein?“, fragte Christian, bewusst naiv.

„Na so ein Tag, an dem Männer Männersachen machen“, entgegnete Martinique, die nicht wirklich begriffen hatte, dass Christian sie aufziehen wollte. Ein wenig nur.

„Männersachen“, wiederholte er deshalb gedehnt, „Das klingt spannend. Was soll das genau sein, damit ich weiß, was ich zu tun habe.“

„Was Männer ebenso machen, wie …“, versuchte sie sich an einer Erklärung, als sie doch endlich bemerkte, dass er sie aufzog. Ein wenig nur. „Und jetzt komme ich erst recht mit!“, erklärte sie rundheraus.

„Deine Entscheidung, Deine Verantwortung“, meinte er nur. Knapp eine Stunde später betraten die beiden die Wohnung, in der Christians Onkel wohnte. Auch seine Tante wohnte dort, aber das fiel nicht weiter ins Gewicht.

 

Blitzsauber war die Wohnung, so sauber, dass man sich kaum zu rühren wagte, aus Angst, man könne allein durch seine Anwesenheit, ein Staubflankerl aufwirbeln. Christians Tante empfing sie, angetan mit Schürze und bewaffnet mit Filzschlapfen. Die Aufforderung war unmissverständlich. Christian und Martinique entledigten sich ihrer Schuhe, zogen die Pantoffeln an, woraufhin sich die Tante wieder in die Küche zurückzog. Es schien als wäre ihr Anteil am sozialen Leben damit erledigt. Ein Kater huschte um die Ecke und verzog sich ebenfalls in die Küche. So war es wohl immer, denn Christian kümmerte sich nicht weiters um seine Tante, sondern ging zielgerichtet ans Ende des Ganges, der an der Haustüre begonnen hatte, Martinique an der Hand. Es hatte etwas Beklemmendes, diese peinliche, ja schon übertriebene Sauberkeit, die Sprachlosigkeit und die Selbstverständlichkeit, mit der sich alle darin zu fügen schienen. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, mitzukommen. Christian hatte sie gewarnt, aber sie wollte schon wieder nicht hören.

 

„So schlimm konnte es doch nicht sein“, erinnerte sie sich gedacht zu haben, doch als Christian die Türe am Ende des Ganges öffnete, da wusste Martinique, es könnte noch viel schlimmer sein, viel, viel schlimmer. Hinter der Türe am Ende des Ganges, da war das Reich seines Onkels. Dieser saß, ihnen den Rücken zuwendend, auf einer Couch, den Blick den beiden Aquarien zugewandt, die vor ihm die Wand zierten. Auf einem Beistelltisch neben ihm erkannte Martinique eine Flasche Bier und eine Schüssel mit Speck, wenn sie den Gestank richtig deutete. Ja, tatsächlich, Christian hatte sie nicht umsonst vorgewarnt.

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