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Life is too short for boring stories

Inspiriert von Kieran Halpin „Foreigners“

 

Von Ferne dringt der Ruf zu mir. Es ist der Wind, der ihn zu mir trägt. Und die Wolken. Und das Wasser. Der Wind erzählt mir, dass er es gesehen hat, das Land, in dem meine Seele Heimat fand. Über sanfte grüne Hügel wehte er, über scharfe, steile Klippen. Er legte sich auf den glatten Spiegel des Ozeans, schwang mit den aufgeregten Wellen.

 

Komm, flüstert er mir zu, komm nach Hause.

Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine Seele drängt in die Heimat.

Die Wolken bringen mir die Botschaft. Zwischen den Steinmauern, errichtet über die Jahrhunderte, weiden die Schafe. Ruhe und Gelassenheit tragen sie mit sich, zwischen sie, zu den Menschen. Dazwischen verfallene Bauwerke. Aus Stein errichtet, bezogen, bewohnt und wieder verlassen. Die Menschen ziehen weiter und die Gebäude bleiben. Langsam verfallen sie, doch noch während sie verfallen, erblüht das Leben um sie, rankt sich an ihnen empor und bringt das Verfallene zum Blühen. Die Natur bringt alles zum Blühen, integriert das Tote in das Lebende und macht es wieder wohnlich.

 

Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause

Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine Seele drängt in die Heimat.

 

Die Wellen erzählen mir von dem Strand, den sie entlangrollen, sich ins Land tragen lassend von der Flut und sich wieder zurücktragen lassen von der Ebbe. Ein immerwährendes Kommen und Gehen. Und das Wasser speist die Wellen, aber es ergießt sich auch über das Land, dringt in die Erde ein und macht sie fruchtbar. Allenthalben grünt es. Es ist das Wasser, das die Insel zum Blühen bringt und der Erde die schönsten Farben entlockt. Es ist das Wasser, das sich in Bächen und Flüssen sammelt und das Land durchschneidet, um es zu bereisen, in allen Winkeln, das Leben zu bringen oder den Tod.

 

Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause.

Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine Seele drängt in die Heimat.

 

Die Sonnenstrahlen tragen den Duft und den Atem des Landes zu mir. Niemand sieht so viel wie sie, denn sie gießen ihr goldenes Licht aus, über alles, was da lebt, ohne Ansehen. Einfach so. Für alles was da lebt haben sie ein Lächeln. Nur manchmal, da verstecken sie sich hinter der Wolken. Und die Natur lebt auf, neuerlich, wenn sie hinter den Wolken hervorbrechen, herausbrechen. Sie erzählen mir vom Abend, vom Mittag und vom Morgen. Vom Spiel und vom Lachen, wenn es ihnen gelingt den Regen zu verjagen und einen Regenbogen an den Himmel zu malen.

 

Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause.

Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine Seele drängt in die Heimat.

 

Doch eines Tages, da werde ich mich vom Wind treiben, von den Wolken tragen, von den Wellen schaukeln und den Sonnenstrahlen leiten lassen, um das Land zu erreichen, das meine Seele von ihrem Anbeginn an als ihre Heimat wusste. So vieles wird erklärbar. So vieles einer Deutung zugänglich, wenn man endlich den Ort gefunden hat, da die Seele Ruhe findet und der Geist verweilen kann, einen Ort, der die Unruhe vertreibt und einen in aller Selbstverständlichkeit aufnimmt, als wäre man niemals irgendwo anders gewesen, nur dort, an dem Ort, an dem meine Seele Heimat findet.

Aus: Lebensbilder


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